Nach den Finanzierungsunterschieden im ersten Teil (http://www.freiberufler-blog.de/?p=1556) und dem Umgang der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung mit den steigenden Ausgaben im Gesundheitsbereich im zweiten Teil (http://www.freiberufler-blog.de/?p=1650), geht es heute vor allem um die Leistungsunterschiede der beiden Versicherungswelten.
Die GKV – für alle (fast) das Gleiche
In der gesetzlichen Krankenversicherung gibt es einen festen Leistungskatalog, der von einer Kommission bestimmt wird, die sich aus Vertretern der Ärzte, Vertretern der Krankenkassen und 3 unabhängigen Mitgliedern zusammensetzt. Dieses Leistungsverzeichnis wird in regelmäßigen Abständen geprüft. Manchmal werden neue Methoden ergänzt, öfter freilich Leistungen eingeschränkt, so dass z.B. bei Arzneimitteln nur noch die Kosten für Generika (wenn verfügbar) erstattet werden und bei der Verschreibung anderer Medikamente die Zuzahlungen der Patienten steigen.
Alles was in diesem Leistungskatalog enthalten ist, muss auch von jeder gesetzlichen Krankenkasse erstattet werden. Zusätzliche Maßnahmen, z.B. Erstattung von Akkupunktur, Reiseimpfungen usw., dürfen nur in begrenztem Umfang angeboten werden und nur, wenn es die finanzielle Situation der Kasse erlaubt.
Die GKV gewährleistet durch diesen Katalog eine Grundversorgung. Nun ist noch niemand in der Notaufnahme allein deswegen verblutet, weil er Kassenpatient ist. Worin liegen also die Leistungsvorteile der privaten Krankenversicherung?
Freie Leistungswahl in der privaten Krankenversicherung
Zunächst einmal: Ob Sie überhaupt bessere Leistungen als ein GKV-Versicherter haben, entscheiden Sie selbst. Wer die Variante „Für 59 Euro im Monat Privatpatient“ wählt, hat hoffentlich genug Geld auf der Seite, um sich dieses “Schnäppchen“ auf lange Sicht auch leisten zu können. Ansonsten wird er bei den zahlreichen Limitierungen und Grundleistungen – die teilweise sogar deutlich unter dem Niveau der GKV liegen – seine Entscheidung bei einer ernsthaften Erkrankung schnell bereuen. Leider lässt sich dies gerade dann meistens nicht mehr beheben, da ein Wechsel in einen besseren Tarif oder zu einer anderen Gesellschaft wieder mit einer Gesundheitsprüfung verbunden und der Weg zurück in die GKV meist auch versperrt ist.
Freie Arztwahl und andere Vorzüge
Wenn man sich für einen guten Tarif entscheidet, kann man das Leistungsspektrum der privaten Krankenversicherung voll ausschöpfen. Dazu gehört auch die frei Arztwahl. Dies umfasst zum einen die direkte Wahl eines Facharztes, ohne sich von seinem Hausarzt erst eine Überweisung holen zu müssen. Zwar kann der Hausarzt oft auch viel selbst behandeln, wenn das Krankheitsbild ziemlich klar ist, spart der direkte Besuch beim Spezialisten dem Freiberufler natürlich Zeit. Zum anderen können auch die Ärzte, die nur noch Selbstzahler behandeln, konsultiert werden. Deren Existenz und eine nicht ganz von der Hand zu weisende Bevorzugung von Privatpatienten bei manchen Ärzten liegt – richtig vermutet – am schnöden Mammon. Die Kurzform: Der Arzt kann bei Privatpatienten für die gleiche Behandlung im Rahmen der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) einen höheren Betrag abrechnen, als dies bei einem Kassenpatienten der Fall ist. Diesen Grundbetrag kann er zudem noch mit einem Faktor versehen, wenn die Behandlung einen erhöhten Aufwand bedeutet hat. Bis zum 2,3-Fachen (Regelsatz) kann er dies ohne Begründung machen. Will er darüber hinaus bis zum 3,5-Fachen (Höchstsatz) abrechnen, muss er in der Rechnung darlegen, warum dies seiner Meinung nach angemessen ist.
Generalist oder Spezialist – Sie haben die Wahl
Ob diese Begründungen immer nachvollziehbar sind, sei dahingestellt. Fakt ist, dass schon ein guter Facharzt seinen Wert kennt. Wenn es sich dann noch um einen besonderen Spezialisten auf einem kritischen Gebiet handelt, z.B. für eine komplizierte Herz-OP oder die Entfernung eines Tumors, gilt dies erst recht. Diese Ärzte arbeiten in der Regel nur für Abrechnungssätze, bei denen bei vielen Gesellschaften schon Schluss ist. Wenn Sie einen guten Tarif haben, übernimmt die PKV auch in dem Fall die Kosten.
Mit einer guten privaten Krankenversicherung erweitern Sie Ihre Wahlmöglichkeiten: Wenn der Hausarzt reicht, ist es prima, wenn Sie den Spezialisten brauchen, nehmen Sie den.
Keine Begrenzung des Budgets
Ein weiterer Vorteil ist, dass für den Privatpatienten keine Budgetgrenzen gelten. In der GKV gilt: Der Arzt hat für seine Kassenpatienten einen begrenzten Quartalsetat. Ist der aufgebraucht, werden ihm weitere Behandlungen nur noch anteilig erstattet. Er überlegt sich daher zweimal, für welchen Patienten er bei welcher Diagnose wie viel ausgibt. Bei einem Privatpatienten braucht er derartige Limitierungen nicht zu beachten und kann gleich die seiner Meinung nach angemessene Behandlung wählen. Da mancher Arzt hier auch bisweilen etwas über das Ziel hinaus schießt, kann es sicher nicht schaden, manche Behandlung kritisch zu hinterfragen und sich, soweit möglich, auch einmal mit Alternativen zu beschäftigen.
Vorteile bei Naturheilverfahren und Hilfsmitteln
Im Gegensatz zur GKV übernehmen gute Tarife in der PKV die Kosten auch, wenn die Behandlung durch einen Heilpraktiker oder einen Arzt für Naturheilkunde erfolgt. Dies kann nicht nur bei vielen chronischen Beschwerden, wie Allergien, ein vielversprechender Weg sein, auch immer mehr Eltern nutzen die ‚sanften‘ Behandlungsmethoden für Ihre Kinder.
Wenn tatsächlich mal ein Hilfsmittel gebraucht wird, kann es schnell richtig teuer werden. Ein Paar orthopädischer Schuhe ist da sicher noch nicht das Problem – ein Heimdialysegerät, ein elektrischer Rollstuhl oder eine besondere Prothese können aber schnell mit etlichen Tausend Euro zu Buche schlagen. Einen geeigneten Tarif vorausgesetzt erhält man die in der PKV sicher einfacher erstattet bzw. aus dem Fundus zur Verfügung gestellt, als in der GKV.
Viel Licht – kein Schatten?
Schön wär’s, aber keine Regel ohne Ausnahme. Natürlich gibt es auch ein paar Bereiche, in denen der Kassenpatient tendenziell im Vorteil ist. Dies sind z.B. Reha-Maßnahmen oder auch Kuren. Oft sind diese Maßnahmen eng mit dem Rentenversicherungsträger verknüpft (insbesondere bei Kuren). Für Selbständige und Freiberufler gelten daher hier besondere Regeln und ein genauerer Blick auf die Leistungen der PKV bei Kuren kann sicher nicht schaden.
Vorteile kann die GKV auch bei psychotherapeutischen Maßnahmen bieten. Die Sitzungszahl kann mit entsprechendem Nachdruck sehr hoch ausfallen, während sie in der PKV auch bei guten Tarifen oft begrenzt ist. Zudem gibt es manchmal Einschränkungen bei der Auswahl des Behandlers, da nicht alle Ausbildungen anerkannt werden. Allerdings können die Wartezeiten als Kassenpatient bei bis zu 6 Monaten liegen, während Sie als Selbstzahler oder PKV-Versicherter sehr schnell einen Termin bekommen. In Krisensituationen kann hier viel auf dem Spiel stehen.
Für Familien ist manchmal noch interessant, dass in der GKV ein Krankengeld oft auch dann gezahlt wird, wenn das Kind krank ist und ein erwerbstätiger(!) Elternteil deswegen zu Hause bleiben muss.
Zwischenfazit
Der größte Vorteil der PKV ist, dass Sie die Wahlmöglichkeiten beim Erhalt oder der Wiederherstellung Ihrer Gesundheit beträchtlich erweitern können. Solange eine Behandlung medizinisch notwendig ist, können Sie den passenden Arzt und die am besten geeignete Methode weitestgehend selbst bestimmen, egal, ob es nun der Heilpraktiker, der Hausarzt oder der ausgewiesene Spezialist ist. Wie bereits im ersten Teil ausgeführt, stehen Ihnen diese Leistungen dauerhaft vertraglich zu.
In der gesetzlichen Krankenversicherung müssen Sie mit dem begrenzten Leistungskatalog Vorlieb nehmen, bei dem weitere Einschränkungen zu erwarten sind. Alternativ zahlen Sie besondere Behandlungen aus der eigenen Tasche.
Das Potential der PKV lässt sich nur dann richtig ausschöpfen, wenn Sie zumindest einen groben Überblick über die Möglichkeiten haben.
Dazu zählt auch das Wissen, was einen guten Tarif von einem schlechten unterscheidet und welchen Einfluss die Versicherungsgesellschaft auf die Tarifauswahl hat. Hilfestellungen dazu gibt es im nächsten Teil der Serie.