Nachdem wir in den vorherigen Teilen die Finanzierungsunterschiede(http://www.freiberufler-blog.de/?p=1556), den Umgang der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung mit den steigenden Ausgaben im Gesundheitsbereich(http://www.freiberufler-blog.de/?p=1650) und die Leistungsunterschiede der beiden Versicherungswelten (http://www.freiberufler-blog.de/?p=1829) angesehen haben, geht es heute um Hilfestellungen für die Auswahl einer geeigneten Gesellschaft und eines passenden Tarifs.
Welche Tarifleistungen sind wichtig?
Im Gegensatz zur – weitestgehend – ‚Einheitsversorgung‘ in der Gesetzlichen Krankenversicherung, stehen bei der Privaten Krankenversicherung eine Vielzahl von Gesellschaften mit einer fast unüberschaubaren Fülle von Tarifen zur Auswahl.
Um hier eine Entscheidung treffen zu können, kann es hilfreich sein, einen Schritt zurück zu gehen. Der Ursprungsgedanke einer Versicherung ist es, ein Risiko, das eine Einzelperson finanziell überfordern würde, auf eine Vielzahl von Menschen zu verteilen.
Demnach geht es bei den Leistungen in der PKV nicht um die Frage, ob für eine Brille nun 200 Euro oder 250 Euro alle zwei oder drei Jahre erstattet werden – es geht um die Maßnahmen, die richtig Geld kosten. Sind diese Bereiche nicht ausreichend abgesichert und keine entsprechenden Rücklagen vorhanden, kann dies Ihre Entscheidungsmöglichkeiten und somit letztlich Ihre Lebensqualität massiv einschränken.
Behandlungen oder medizinische Maßnahmen, die sehr teuer werden können, sind z.B.:
- Hilfsmittel (z.B. Krankenfahrstühle, Prothesen,
Heimdialysegeräte, Blindenhund usw.) - Behandlung durch einen Spezialisten oder in
einer Privatklinik, die nicht nach den üblichen Kostensätzen abrechnen - Gezielte Behandlungen im Ausland, z.B. beim
Spezialisten oder mit hier noch nicht anerkannten Methoden - Medikamente bei chronischen Erkrankungen
- Langjährige Psychotherapie z.B. nach einem
Trauma - Sprachtherapie z.B. nach einem Schlaganfall
Ein passender Tarif sollte in diesen Fällen möglichst umfangreiche Leistungen bieten, es sei aber gleich darauf hingewiesen, dass Sie in der Praxis keine Gesellschaft finden werden, die all dies zu 100% abdeckt. Wie so oft im Leben, müssen Sie daher bei der Auswahl Prioritäten setzen.
Wie finde ich eine passende Versicherungsgesellschaft?
Neben den Leistungsmerkmalen des Tarifs oder der Tarife, spielt natürlich auch die Gesellschaft selbst eine Rolle. Auswahlkriterien sind dabei unter anderem:
- Die finanziellen Kennzahlen:
Ein großes ‚Verbrauchermagazin‘ lässt diese bei seinen Bewertungen außen vor, da sie sich recht schnell ändern können… Das ist zwar nicht ganz falsch,
trotzdem wüsste ich als Kunde schon gerne, ob mein Wunschkandidat, dem ich
eventuell für den Rest meines Lebens den Schutz meiner Gesundheit anvertraue,
finanziell wenigstens einigermaßen solide da steht. - Ratings und Rankings sind – wie fast überall – auch hier zumindest mit Vorsicht zu genießen, können aber bei der Auswahl eine Hilfestellung sein.
- Tarifhistorie:
Hilfreich ist oft auch ein Blick auf die ‚Vergangenheit‘ des Versicherers,
sprich, wie viele Tarife er schon auf den Markt gebracht hat. Ein leider immer
wieder zu beobachtendes Phänomen ist, dass ein neuer Tarif an den Start geht, bei dem die Marketingabteilung lauter geschrien hat, als die Mathematiker. Der
verdächtig niedrige Ursprungsbeitrag steigt innerhalb weniger Jahre rasant an
und wird für neue (meist ‚preissensible‘ Kunden) uninteressant. Wenn der
Vertrieb auch unter Ausnutzung aller vorhandenen ‚Motivationsmaßnahmen‘ kein ausreichendes Neugeschäft mehr ranschafft, wird der Tarif irgendwann
geschlossen und das Spiel beginnt von vorn. Die noch Gesunden verlassen das
sinkende (Tarif)schiff und die Verbleibenden dürfen es ausbaden. Auch hier gibt
es natürlich die berühmten Ausnahmen, aber grundsätzlich ist eher der
Gesellschaft mit der geringeren Zahl an Alt- und Neutarifen der Vorzug zu
geben. - Risikoprüfung:
Ein weiteres – für den Außenstehenden zugegebenermaßen schwierig zu prüfendes – Kriterium ist die Annahmepolitik der Gesellschaft. Nimmt eine Versicherung auch ‚gesundheitlich vorbelastete‘ Kunden ohne Zuschlag auf, ist das für den Betroffenen natürlich erfreulich, für die Versichertengemeinschaft aber auf lange Sicht teuer. Hier gilt es, ein vernünftiges Maß zwischen den Interessen des Einzelnen und der Gesamtheit zu finden.
Ist ein Selbstbehalt sinnvoll und wenn ja, wie hoch?
Wenn Sie eine geeignete Gesellschaft und einen passenden Tarif gefunden haben, wird dieser oft in verschiedenen Stufen angeboten, die sich in der Höhe des Selbstbehalts unterscheiden. Der Selbstbehalt (oft auch „Selbstbeteiligung“ genannt) ist dabei ein Betrag, der im Laufe eines Jahres voll (bei einem absoluten SB) oder anteilig (bei prozentualem SB) von Ihnen selbst getragen werden muss, bevor Sie von der Versicherung überhaupt eine Erstattung bekommen. Mit steigendem Selbstbehalt sinkt dafür der zu zahlende Monatsbeitrag. Früher galt meistens, dass für Selbständige eher ein höherer SB geeignet ist.
Seit dem „Bürgerentlastungsgesetz“ von 2010 (die als Konjunkturprogramm ‚getarnte‘ Umsetzung eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts) können die Beiträge zur Krankenversicherung in höherem Maße steuerlich geltend gemacht werden. Daher
hilft an dieser Stelle nur eine zumindest grobe „Nachsteuerbetrachtung des effektiven Beitrags (Monatsbeitrag zuzüglich max. SB)“ der angebotenen Tarifvarianten. Das ist auch tatsächlich ungefähr so kompliziert wie es sich anhört.
Zwischenfazit
Die Leistungen eines Tarifs sind der Kern bei der Auswahl einer Privaten Krankenversicherung. Da sie vertraglich festgelegt sind, haben sie bei der Auswahl eine noch größere Priorität als die dahinterstehende Versicherungsgesellschaft. Natürlich gibt aber erst die Kombination aus einem leistungsstarken Tarif und einem soliden Versicherungsunternehmen ein tragfähiges Gesamtpaket.
Dies gilt umso mehr, als ein späterer Wechsel zu einer anderen Gesellschaft oder gar zurück in die GKV aus gesundheitlichen (PKV) bzw. gesetzlichen (GKV) Gründen oft nicht möglich ist. Es kann daher sicher nicht schaden, wenn Sie sich für Ihre Erwartungen an die zukünftige Krankenversicherung und die zugehörigen Abwägungen ausreichend Zeit nehmen.
Konkrete Tipps zur Antragstellung und weitere Hinweise aus der Praxis sind Thema des nächsten und letzten Teils der Serie.