Gerade im IT-Business kann sich ein marginaler Fehler schnell zu einem ausgewachsenen Schaden entwickeln. Die Fehlerquellen sind dabei variabel und passieren nicht, weil das nötige Know-How fehlt, sondern aus Unachtsamkeit des IT-Experten (häufig auch gepaart mit unvorhergesehenen Umständen). Nimmt der Auftraggeber seinen beauftragten Dienstleister für einen durch ihn verursachten Schaden in Regress, kann das ein ungeahntes Loch in dessen Budget reißen. Eine IT-Haftpflicht kann dieses Kostenrisiko von Freiberuflern auffangen.
Um praktisch aufzuzeigen, wie eine solche Vermögensschadenhaftpflichtversicherung – auch IT-Haftpflicht genannt – den IT-Experten schützen kann und um das abstrakte Thema Versicherung real werden zu lassen, skizziert der Beitrag einige reale Schadenfälle aus dem IT-Bereich und erklärt, auf welche Leistung der IT-Haftpflicht es im jeweiligen Fall besonders ankommt.
Exchange-Server falsch konfiguriert: 8.000 Euro Schaden, weil wichtige Mails nicht ankommen
Eine Patentanwaltskanzlei versäumt eine wichtige Frist – und „Schuld“ daran ist der freiberufliche IT-Experte: Wegen einer Fehlkonfiguration des Exchange-Servers wurden lediglich Mails bei zweien von 25 Postfächern abgeholt und verteilt. Wichtige und zeitkritische Mails kamen so zu spät beim Auftraggeber an und prompt wurde eine Deadline zur Patentanmeldung verpasst. Die fehlerhafte Konfiguration – ein klassischer IT-Fehler, der am Ende zu einem Schaden von 8.000 Euro Kosten führte.
Versicherungsaspekt: Kostenübernahme bei echten / reinen Vermögensschäden. Versicherungstechnisch ist von einem Vermögensschaden die Rede, wenn dem Geschädigten durch den Fehler des IT-Dienstleisters ein rein finanzieller Verlust entsteht und es sich dabei weder um einen Personen- noch Sachschaden handelt – wie in diesem Fall. Die Vermögensschadenhaftpflicht-Versicherung ist deshalb der wichtigste Baustein in einer IT-Haftpflicht und kommt für die Kosten auf, die der Versicherungsnehmer durch Fehler bei einem Dritten verursacht hat.
Unbrauchbare Mitgliedsausweise: Im Schadenfall kommt es auch auf die Vorumsatzdeckung an
Was passiert, wenn die Software von 30.000 Mitgliedsausweise nicht funktioniert: Durch einen Fehler bei der Programmierung wurden Berechtigungen auf insgesamt 30.000 Ausweisen eines großen deutschen Sportverbands falsch vermerkt. Sie mussten neu produziert und an die Mitglieder verschickt werden. Ein Aufwand, der mit Extrakosten in Höhe von 23.000 Euro zu Buche schlug – diese Summe forderte der Sportverband natürlich von dem IT-Dienstleister zurück.
Versicherungsaspekt: Vorumsatzdeckung in der Vermögensschadenhaftpflicht. Seine IT-Haftpflicht hatte der IT-Experte erst abgeschlossen, als er schon mitten in den Programmierungsarbeiten steckte. Deshalb war es wichtig, dass diese eine sogenannte Vorumsatzdeckung mit einschloss. Das bedeutet: Auch Projekte, die vor Abschluss der Versicherung begonnen wurden, sind mitversichert, sofern das Schadenereignis nach Abschluss der Vermögensschadenhaftpflicht eintritt.
Keine dufte Angelegenheit: IT-Dienstleister haftet für falsch importierte Preisliste im Webshop
Da rümpfte (nicht nur) der Kunde die Nase: Weil der mit der Programmierung des Online-Shops beauftragte IT-Dienstleister falsche Preise importierte, gab es diverse Parfüms für die Kunden eine Zeit lang sogar noch unter dem Einkaufspreis. Ein Fehler, der zwar die Webshop-Besucher freute – den Auftraggeber allerdings weniger. Denn plötzlich standen knapp 4.000 Euro Umsatzausfall im Raum. Dass dafür der IT-Experte geradestehen musste, ist nicht verwunderlich.
Versicherungsaspekt: Verzicht auf Experimentier- und Erprobungsklausel. Auch in diesem Fall liegt ein Vermögensschaden vor, für den der IT-Versicherer aufkommt. Dies ist aber nur dann sicher gestellt, wenn die Versicherungsbedingungen der IT-Haftpflicht nicht die verbraucherunfreundliche „Erprobungs- und Experimentierklausel“ beinhalten. Eine solche Klausel besagt, dass die Versicherung nur dann einspringt, wenn der Versicherungsnehmer seine Leistung erst ausreichend erprobt bzw. getestet und auf Fehler überprüft hat – und es dann trotzdem zum Schaden kommt. Im vorliegenden Fall hätte die Klausel zum „Bumerang“ werden können, da nach dem Import die Preise nicht überprüft wurden.
9.000 Briefe falsch versandt: Damenmode-Konzern bittet IT-Dienstleister zur Kasse
Fail bei der Mailing-Aktion: Weil sich beim Export der Kunden-Daten ein Fehler eingeschlichen hatte, wurden kurzerhand mehr als 9.000 Werbe-Briefe an ungültige Adressen geschickt und ein vierstelliger Betrag für Porto und Materialkosten „in die Luft geblasen“. Ein Schaden, für den das Bekleidungshaus den für die Datenbanksoftware zuständigen IT-Dienstleister zur Kasse bat.
Versicherungsaspekt: Vergebliche Aufwendungen abgesichert. Auch „vergebliche Aufwendungen“ des Auftraggebers sollten vom Versicherungsschutz einer IT-Haftpflicht gedeckt sein – das zeigt dieser Fall. Der Versicherer kommt dann für die Kosten auf, die in Vertrauen auf die ordnungsgemäße Leistung des Versicherungsnehmers aufgewendet wurden. Das ist nicht bei jeder Vermögensschadenhaftpflicht Usus. Häufig wird der Bereich „Nichterfüllung der Leistung“ von Versicherern sehr weit ausgelegt und damit auch der Schadenersatz für „vergebliche Aufwendungen“ ausgeschlossen. Sie finden dann z.B. folgende Formulierung in den Versicherungsbedingungen:
„Kein Versicherungsschutz besteht für Ansprüche, auch wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt, auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen im Vertrauen auf ordnungsgemäße Vertragserfüllung.“
Passende Lösungen für alle Anforderungen der Geschäftstätigkeit
Diese Liste an Schadenfällen aus der Praxis ließe sich noch beliebig lang weiterführen – Beispiele gibt es – entgegen der Meinung des ein oder anderen IT-Experten – aus dem Versicherungsalltag genug. Und auch die Liste der Aspekte, die ein guter Haftpflichtvertrag beinhalten sollte, ist noch um einiges länger. Eines verdeutlichen die beschriebenen Fälle jedoch bereits sehr anschaulich: Die Bandbreite an Missgeschicken für die ein IT-Experte in Haftung genommen werden kann ist groß.
Deshalb muss eine Vermögensschadenhaftpflicht für IT-Experten auch einen sehr weitgehenden Schutz bieten. Diese umfassende Absicherung ist heutzutage auch für IT-Freiberufler im Projektgeschäft erhältlich und finanzierbar. Dennoch kann man bei der Auswahl leicht Schiffbruch erleiden, wenn man wichtige Leistungskriterien unbeachtet lässt.
Um Freiberuflern einen Leitfaden an die Hand zu geben, auf was sie bei Abschluss einer IT-Haftpflicht achten müssen, fasse ich in meinem nächsten Beitrag eine nützliche Checkliste mit allen wichtigen Aspekten/ Kriterien für die Vermögensschadenhaftpflicht im IT-Bereich zusammen.