PKV-Versicherte müssen in jungen Jahren höhere Beiträge einzahlen, als dies in Anbetracht der Krankheitskosten erforderlich wäre. Die Differenz wird zur Bildung von Alterungsrückstellungen genutzt, um die voraussehbaren höheren Gesundheitskosten im Alter decken zu können. Gerade die steigenden Kosten im Gesundheitssektor führen gepaart mit den niedrigen Kapitalzinsen dazu, dass neben den Alterungsrückstellungen auch Beitragserhöhungen erforderlich werden. Ferner stellt sich die Frage, inwiefern sich diese Rücklagen bei einem Wechsel auch mitnehmen lassen.
Alterungsrückstellungen aufgrund steigender Gesundheitsausgaben noch auskömmlich?
Mittlerweile bestehen in der privaten Kranken- und Pflegeversicherung Alterungsrückstellungen in Höhe von rund 219 Mrd. Euro. Rechnerisch könnten sich allein aus dem Anteil der Privaten Krankenversicherung Leistungen in heutigem Umfang über 8 ½ Jahre finanzieren lassen. Die seit dem Jahr 2000 zu bildenden Alterungsrückstellungen sollen hierbei nicht nur der demographischen Entwicklung Rechnung tragen, sondern insbesondere auch als Vorsorge für die Kostensteigerungen infolge des medizinischen Fortschritts dienen. Gemäß einem Bericht des Bundestages sind die Gesundheitsausgaben in Deutschland, wenn diese pro Kopf betrachtet werden, im Zeitraum zwischen 1993 bis 2008 um 2,2 Prozent pro Jahr gestiegen. Im Jahr 2015 beliefen sich die Gesundheitsausgaben laut Statistischem Bundesamt bereits auf insgesamt 344,2 Mrd. Euro oder 4.213 Euro je Einwohner. Dies entspricht einem Anteil von 11,3 Prozent des Bruttoninlandsproduktes und einer Steigerung von 15 Mrd. Euro (+4,5 Prozent) zum Vorjahr. Bereits das vierte Jahr in Folge nahmen die Gesundheitsausgaben stärker als das Bruttoinlandsprodukt zu. Angesichts dieser Entwicklung bleibt es mehr als fraglich, ob die in der PKV gebildeten Alterungsrückstellungen auch nur annähernd ausreichen werden, um die steigenden Kosten auszugleichen. Erschwerend hinzu kommt die derzeit vorherrschende Niedrigzinsphase, die unter Berücksichtigung von Inflation Wertverluste auf Geldanlagen zur Folge hat. Schließlich legen die PKV-Unternehmen ihre Alterungsrückstellungen am Kapitalmarkt an. Noch konnten im Jahr 2015 für die zurückgelegten Gelder von etwa 219 Mrd. Euro (Quelle: PKV Verband) 3,7 Prozent Zinsen erwirtschaftet werden. Für die PKV wird es jedoch zunehmend schwieriger, steigenden Kosten mittels Anlagegewinnen entgegenzuwirken. Regelmäßige Beitragssteigerungen werden so zur Regel werden, zumal dies gesetzlich mit dem Unterschreiten einer Verzinsung von 3,5 Prozent zwingend vorgeschrieben ist. Auch bei Kostensteigerungen von mehr als 5 Prozent sind die PKV-Unternehmen dazu verpflichtet, den Versicherungsbeitrag zu erhöhen.
Schutz älterer Versicherter vor überproportionalen Beitragserhöhungen
Dies hatte sich der Gesetzgeber noch vor vielen Jahren anders vorgestellt. Im Rahmen der im Jahr 2000 umgesetzten GKV-Gesundheitsreform wurde die Einführung eines Zuschlags in Höhe von 10 Prozent auf den Beitrag beschlossen. Dieser ist bis zum 60. Lebensjahr zu bezahlen und wird ab Alter 65 zur Beitragsstabilisierung eingesetzt. Mit der Reform wurde auch beschlossen, dass den Versicherten 90 Prozent der erwirtschafteten Überzinsen gutzuschreiben sind. Werden etwa 4,0 Prozent erzielt und somit mehr als der gesetzliche Höchstrechnungszins von 3,5 Prozent, betragen die Überzinsen 0,5 Prozent. Hiervon muss die PKV 90 Prozent verzinslich ansammeln und als Teil der Alterungsrückstellungen beitragsmindernd ab Alter 65 einsetzen.
Versicherten stehen neben dem Basistarif, der dem Leistungsniveau der GKV entspricht und für den Versicherungspflicht besteht, auch Standard- und Premiumtarife zur Auswahl. Ferner lassen sich etwaige Versorgungslücken über eine Krankenzusatzversicherung abdecken. Hier bietet sich ein Beratungsgespräch an.
Freiberufler, die einen Wechsel innerhalb der PKV anstreben, sollten Folgendes beachten:
Abschluss der Krankenversicherung vor 2009:
In diesem Fall ist eine sogenannte „Wechselleistung“ in den Beitrag einkalkuliert. Diese zusätzliche Leistung garantiert bei einem Versichererwechsel die Mitgabe eines Teils der Alterungsrückstellungen (Portabilität). Dieser Übertragungswert beinhaltet zum einen die tariflichen Alterungsrückstellungen, die der Versicherte von Beginn an im Basistarif erwirtschaftet hätte, höchstens jedoch die tatsächlich vorhandenen tariflichen Alterungsrückstellungen. Dies bedeutet: Je länger die Versicherungszeit ist und je leistungsstärker der bisherige Tarif (bspw. mit Wahlleistungen wie Chefarztbehandlung und Ein-/Zweibettzimmer) ausfällt, desto höher ist der Unterschied zum Basistarif und somit der Verlust durch die Übertragung der Alterungsrückstellungen. Nur bei einem Wechsel innerhalb derselben Gesellschaft bleiben die Alterungsrückstellungen in voller Höhe erhalten, während bei einem Anbieterwechsel ein Teil der Rücklagen eben verloren geht. Darüber hinaus fließen auch die Mittel aus dem gesetzlichen 10-prozentigen Zuschlag ein. Das in § 204 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) geregelte Tarifwechselrecht schreibt den Versicherern vor, den Wechsel in einen gleichartigen Tarif zu ermöglichen – und dies unter Berücksichtigung der angesammelten Alterungsrückstellungen.
Abschluss der Krankenversicherung nach 2009:
Hierbei können sowohl die Alterungsrückstellungen wie auch der 10-prozentige Zuschlag nicht mitgenommen werden, da im Beitrag keine „Wechselleistung“ einkalkuliert wird. Dieser Umstand hat etwa im Jahr 2011 geführt, dass rund 157.000 Versicherte durch den Wechsel in die GKV ihre Alterungsrückstellungen verschenkten und völlig umsonst gebildet hatten. Die Überschüsse bleiben im System und kommen dem Versichertenkollektiv zugute.