Ganz frisch, ganz neu in der Selbständigkeit? Gerade angefangen?
Dann ist dieser Artikel vielleicht für Sie.
In meiner eigenen Selbständigkeit seit 1998 und bei meiner Beratung von Existenzgründern ist mir aufgefallen, dass es besonders drei Herausforderungen gibt, mit denen viele am härtesten kämpfen:
- Ein Nein nicht persönlich nehmen
- Natürlichen Kontakt zur Zielgruppe herstellen
- Nicht zu viel Geld entnehmen
Diese Herausforderungen sind vor allem emotionaler Natur. Das Fachliche lernt sich schnell, aber diese drei Hürden sind fundamental psychologisch.
In diesem Artikel gehe ich darauf ein,
- Wie diese Herausforderungen sich in der Praxis gestalten
- Was man Ihnen anbieten wird, um diese Hürden zu nehmen
- Was Sie stattdessen besser tun sollten
Herausforderung 1: Ein Nein nicht persönlich nehmen
Dies ist eine weniger große Herausforderung für diejenigen, die bereits länger im Verkauf gearbeitet haben. Dort gewöhnt man sich schnell an den Umgang mit Absagen.
Als Selbständiger sind Sie besonders in den ersten 2 Jahren konfrontiert mit Ablehnung und Absagen. Sie kassieren mehr Körbe als auf Ihrem misslungensten Tanzabend. Kunden wollen nicht bei Ihnen kaufen, Lieferanten wollen Sie nicht beliefern; Kandidaten, die Sie sich wünschen, wollen nicht Ihre Mitarbeiter werden.
Ich persönlich hatte mal die absolut brillante Idee, 200 Handwerksbetriebe zu kontaktieren, um sie von meiner Controlling-Dienstleistung zu überzeugen. Das lief nicht so gut.
Insbesondere für jemanden, der dieses Ausmaß an Ablehnung nicht gewöhnt ist, kann das ein enormer Schock sein.
Was man Ihnen anbieten wird, um Neins zu vermeiden
Vielleicht haben Sie so etwas schon einmal gelesen: „Nie wieder ein NEIN vom Kunden!“ oder „So überzeugen Sie garantiert jeden!“
Tatsächlich enthalten ein paar solcher Ratgeber die eine oder andere Idee, wie man Absagen REDUZIEREN kann. Aber keine Methode der Welt wird Sie dahin bringen, NIE WIEDER ein Nein zu hören. Vor allem wird es für Sie dadurch nicht leichter, mit den Ablehnungen, die verbleiben, umzugehen.
Was Sie stattdessen tun sollten, um mit Ablehnung umzugehen
Vor allem: Machen Sie sich immer wieder klar, dass diese Ablehnung nichts damit zu tun hat, dass Sie „falsch“ oder „schlecht“ sind. Es passt nur in dem Moment gerade nicht.
In meinem ersten Jahr als Interimsmanager habe ich sehr oft gehört, „wir arbeiten GRUNDSÄTZLICH NIEMALS mit Externen!“ Und zwei Jahre später war ich genau dort im Projekt. Bei der ersten Anfrage hat es halt aus irgendwelchen Gründen nicht gepasst.
Mit der Zeit lernen Sie auch immer mehr darüber, bei welcher Art potenziellem Kunden gerade Sie mit Ihrem Angebot am besten ankommen. Dadurch wird die Ablehnung weniger. Sie lernen auch, zu welchem Zeitpunkt Sie Ihr Angebot unterbreiten.
Das sind alles Schritte und Erfahrungen, die mit der Zeit kommen. Für die erste Zeit hilft es nur, dranzubleiben und zu üben.
Herausforderung 2: Natürlichen Kontakt zur Zielgruppe herstellen
In der ersten Zeit bin ich für meine Zielgruppe wahrscheinlich ein Unbekannter. Irgendwie muss ich bei ihr bekannt werden. Das gestaltet sich erst einmal schwierig, denn ich brauche nicht nur Kontakte, ich muss auch Vertrauen etablieren.
Langwierig, anstrengend.
Was man Ihnen anbieten wird, um Kontakt zur Zielgruppe herzustellen
Auch hier: Die Angebote für revolutionäre hypnotische „Gesprächstechniken“ sind Legion. Dort lernen Sie angeblich Wort-Formeln, Körperhaltungen, Stimmtricks und magische Blicke, mit denen Ihr Gegenüber Ihnen willenlos verfällt und alles kauft, was Sie ihm anbieten, zu jedem Preis.
Viel Glück.
Was Sie stattdessen tun sollten, um natürlichen Kontakt zur Zielgruppe herzustellen
Zu meiner eigenen Überraschung war die Strategie, die für mich am besten funktioniert hat: Normal sein. Einfach so normal, wie mir das möglich ist. Ich habe mehrfach das Feedback erhalten, dass ich am Telefon gut bin und dass meine Vorträge interessant sind. Also wurden Vorträge und Telefonate meine Hauptinstrumente der Auftragsgewinnung.Jemand anders ist vielleicht besser persönlich bei Netzwerk-Veranstaltungen, wo ich wiederum gar nicht gut bin. Führen Sie Ihre Gespräche normal. Bauen Sie keinen Druck auf, weder bei sich selbst noch beim anderen. Ich weiß, das ist nicht immer einfach. Funktioniert aber gut.
In einigen wenigen Fällen hat das Aufbauen von Druck für mich allerdings funktioniert – dann, wenn mein Kunde selbst unter Druck stand, etwas erledigt zu kriegen, was er mit meiner Hilfe besser erledigen konnte. Wenn der Kunde den Druck ignorierte, unter dem er stand, habe ich ihn daran erinnert. Das sollte man aber nur machen, wenn man sich sehr sicher ist. Manchmal bin ich das, meistens nicht.
Herausforderung 3: Nicht zu viel Geld entnehmen
Nicht alles Geld, das auf Ihrem Bankkonto liegt, ist wirklich Ihres. Umsatz ist nicht Gewinn.
Ich selbst weiß sehr gut, was passiert, wenn man als Selbständiger zu viel Geld aus dem eigenen Unternehmen entnimmt: Man baut erst mehr oder weniger unbemerkt Schulden auf und geht dann pleite. Ich habe ausführlich darüber geschrieben unter dem Titel „Blödheit, Bankrott und solide Finanzen“.
Sie arbeiten viel und hart und denken vielleicht „Mir steht mehr zu!“ Ich dachte das zumindest selbst. Ist aber nicht so. Der Hauptgrund für Insolvenzen von Unternehmen ist, besonders bei den kleinen Unternehmen und bei allein arbeitenden Selbständigen, dass die Unternehmer zu viel Geld privat entnehmen.
Was man Ihnen anbieten wird und was davon Sie annehmen sollten
Wenn Sie nicht selbst vom Steuerfach und/oder Controller sind, sprechen Sie mit jemandem, der Ihr Business, Ihre Kalkulation und Sie wirklich versteht. Nehmen Sie das Angebot eines guten Steuerberaters an. Woher wissen Sie, ob der gut ist? Sprechen Sie mit ihm, sprechen Sie mit seinen Mandanten, wenn Sie welche kennen.
Ein vernünftiger Steuerberater kann Ihnen eine Idee geben, was in etwa Ihr Gewinn sein wird und welche Steuerbelastung daraus entstehen wird. Je nachdem, mit welcher Rechtsform Sie arbeiten und wie Sie krankenversichert sind, können die Arten Ihrer Abgaben stark variieren. In Deutschland läuft es aber so oder so darauf hinaus, dass etwa die Hälfte Ihres Gewinns weg ist, auch wenn es manchmal anders aussieht.
Faustregel: Entnehmen Sie maximal die Hälfte Ihres Gewinns. Und auch das nur dann, wenn der Gewinn sauber und zuverlässig ermittelt wurde.
Fazit
Die wichtigsten Herausforderungen als frischer Selbständiger sind fundamental emotionaler Natur. Sie sollten auch auf emotionaler Ebene damit umgehen.
Viel Erfolg!
4 Kommentare
Sehr geehrter Herr Meneikes,
herzlichen Dank für Ihren durchaus informativen Freiberufler Blog. Diesen verfolge ich schon seit längerem sehr aufmerksam und muss zugeben, dass ich derzeit jeden Tag reinschaue ob es neue Artikel gibt. Ich persönlich bin seit 6 Monaten Freiberufler und kenne die oben beschriebenen Herausforderungen nur zu gut. Ich arbeite im Premium Segment und meine Kunden sind meist mit Firmen dacore, welche feste Firmensitze und anschauliche Büroräume haben. Das galt für mich als größte Herausforderung, denn ich arbeite von zu Hause aus. Nach langer Recherche nach meinen Möglichkeiten sowie den Pros und Contras bin ich auf die Möglichkeit gestoßen, sich ein virtuelles Büro zu mieten, in dem man eben nur für die Adresse an einem renommierten Standort zahlt. Haben Sie damit auch schon Ihre Erfahrungen gemacht? Wie überzeugen Sie Ihre Kunden von Ihrer Leistung?
Guten Tag Frau Steinmeier, vielen Dank, nur ist dies ja nicht mein Blog, sondern der von der Firma SOLCOM, und ich darf hier manchmal schreiben.
Ein renommierter Standort kann bei manchen Unternehmen helfen; bei mir als freier Controller und Dozent ist das völlig irrelevant.
Ich überzeuge als ich, mit Referenzen von Kunden und Teilnehmern, mit Weiterempfehlungen.
Jeden Kunden kann man nicht bekommen. Ich kenne es auch, das ich mit Kunden spreche und diese über meine Dienstleistung informiere und dann am ende doch nichts draus wird. So ist eben das Leben, beim nächsten Kunden passt dann wieder alles.