In kniffligen Steuerfragen können Selbständige beim Finanzamt eine rechtssichere Auskunft einholen. Dies empfiehlt sich insbesondere rund um Löhne und Gehälter. Was sie dabei beachten sollten.
Fachkräftemangel, Tarifabschlüsse, Mindestlohn: Viele Selbständige kämpfen mit steigenden Personalkosten. Auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten optimieren viele ihre Vergütungsmodelle, um Lohnsteuer und Sozialabgaben zu senken. Doch der Kreativität setzt der Fiskus strenge Grenzen. So manche Lösung erweist sich im Nachhinein als Bumerang. Bei einer Betriebsprüfung drohen saftige Nachzahlungen samt Zinsen. Selbständige sollten bei schwierigen Lohnsteuerfragen immer mit ihrem Finanzamt vorab die steuerlichen Folgen abklären. So verschaffen sie sich Rechtssicherheit und nehmen sich aus der Lohnsteuer-Haftung.
Vorsicht bei Kosteneinsparungen
Kosteneinsparungen sind ein Dauerthema. Ein lohnender Ansatzpunkt sind die Löhne und Gehälter der Belegschaft. Zwar ist an Bruttolohn und Steuerklasse von Arbeitnehmern in der Regel nicht zu rütteln. Jedoch kann eine Umwandlung von Teilen des Entgelts in steuerfreie Extras die Abgabenlast spürbar senken. Beliebt sind etwa Tankgutscheine, Beiträge zur betrieblichen Altersvorsorge oder die Übernahme von Kinderbetreuungskosten. Hiervon profitieren auch die Mitarbeiter durch einen steigenden Nettolohn.
Bei derlei Lohnoptimierungen lauern einige Steuerfallen. Eine typische Fehlerquelle besteht darin, dass Selbständige einzelne Komponenten des neuen Vergütungsmodells nicht ausreichend aufeinander abstimmen. Schnell ergeben sich kumulative Effekte, bei denen Freibeträge oder Freigrenzen nicht mehr eingehalten werden. Oder sie übersehen aktuelle Rechtsentwicklungen und passen veraltete Konzepte nicht an. Wie lassen sich negative Konsequenzen aus solchen Fehlern vermeiden? Im Rahmen der sogenannten Anrufungsauskunft können Arbeitgeber und -nehmer beim Finanzamt kostenlos eine rechtssichere Auskunft einholen. Antragsberechtigt sind auch die steuerlichen Berater, mit denen ohnehin eine enge Abstimmung erfolgen sollte.
Vorgaben bei Antragsstellung
Für das Verfahren gelten strenge Vorgaben. Was bei der Antragstellung zu beachten ist, gibt ein neues Schreiben des Bundesfinanzministeriums aus Dezember 2017 vor (Az. IV C 5 – S 2388/14/10001). So etwa, welches Finanzamt für die Auskunft zuständig ist. Sowohl für den Arbeitgeber als auch den Arbeitnehmer ist das zuständige Betriebsstätten-Finanzamt in der Pflicht. Bei mehreren Betriebsstätten und Konzernunternehmen ist vorab die Zuständigkeit zu klären. Auch inhaltlich ist eine Anfrage klar geregelt. Das Auskunftsersuchen muss eine konkrete Rechtsfrage zu einem realen Fall beinhalten. Nicht zulässig sind Anfragen zu fiktiven Beispielen.
Bei der Form lässt der Fiskus Antragstellern freie Wahl. Sie können die Anrufungsauskunft schriftlich oder mündlich beantragen. Es ist jedoch grundsätzlich ratsam, die Schriftform zu wählen, um den Vorgang lückenlos zu dokumentieren. Der Antrag sollte immer auf § 42 e EStG Bezug nehmen. So ist für Finanzbeamte in jedem Fall klar, dass der Antragsteller eine Anrufungsauskunft einholen will. Doch Vorsicht: Die Bindungswirkung erstreckt sich nur auf das Lohnsteuerabzugsverfahren, nicht aber auf das einkommensteuerliche Veranlagungsverfahren. Auch dann nicht, wenn der Arbeitnehmer die Auskunft eingeholt hat. Das Wohnstätten-Finanzamt kann also zu wenig gezahlte Lohnsteuer vom Arbeitnehmer über den Einkommensteuerbescheid nachfordern. In bedeutsamen Einzelfällen kann es deshalb sinnvoll sein, dass Arbeitnehmer zusätzlich bei ihrem Wohnsitz-Finanzamt eine sogenannte verbindliche Auskunft einholen. Diese ist allerdings – anders als die Anrufungsauskunft – gebührenpflichtig.
Wann ist eine Anrufungsauskunft ratsam?
Eine Vorklärung erfordern insbesondere Sachverhalte, die für Arbeitgeber von großer Tragweite sind und viel Interpretationsspielraum bieten. Streitanfällig sind besonders Fälle, in denen die Rechtsprechung eine Gesamtwürdigung mehrerer Merkmale verlangt. Wenn Arbeitgeber etwa Kosten für Arbeitskleidung oder Fortbildungen übernehmen, dann fragt der Fiskus nach dem „ganz überwiegenden betrieblichen Interesse“. Hier bewegt man sich argumentativ in einer Grauzone. Auch wenn Arbeitnehmer zugunsten einer Sachzuwendung auf Teile ihres Gehalts verzichten, ist die Steuerpflicht oft nicht eindeutig zu bewerten. Es bleibt fraglich, ob die Zuwendung steuerfrei ist oder der Pauschalversteuerung unterliegt. Hierzu gibt es keine gesicherte Rechtsprechung, ein höchstrichterliches Urteil steht noch aus. Auch Fragen nach der Arbeitnehmereigenschaft oder Selbstständigkeit von Mitarbeitern, insbesondere bei Gesellschaftergeschäftsführern, legen eine Anrufungsauskunft nahe.
Wie auch immer der Fall gelagert ist: Eine Auskunft ist nicht uneingeschränkt gültig. Das Finanzamt kann sie von vornherein befristen oder aber mit Wirkung für die Zukunft aufheben. Auch wenn der Gesetzgeber die entsprechenden Rechtsnormen ändert, entfällt die Bindewirkung. Die Finanzbehörden informieren Steuerzahler darüber in der Regel nicht. Arbeitgeber sollten daher wichtige Auskünfte regelmäßig auf ihre Anwendbarkeit hin prüfen lassen.