Im Einkauf liegt der Gewinn. Jeder Mensch mit einem gewissen wirtschaftlichen Grundverständnis wird diese Aussage unterschreiben. Jeder Anleger der Investitionen tätigt, egal ob in Immobilien, Oldtimer oder Aktien wird versuchen einen guten Einkaufspreis zu erzielen. Aber wie lässt sich dies an den internationalen Kapitalmärkten langfristig erfolgreich umsetzen?
Seit mehr als 50 Jahren wird die Meinung vertreten, dass Aktienpreise alle relevanten Informationen enthalten. Diese Informationen können aus verschiedenen Quellen stammen: Aus den Daten eines Finanzberichts, den Neuigkeiten über ein neues Produkt, der Berichtigung eines Regelungsrahmens, oder einfach nur einer Änderung des Anlegergeschmacks und dessen Präferenzen, in andere Kapitalanlagen zu investieren.
Die Informationen fließen durch den Kaufs- und Verkaufsprozess in die Wertpapierpreise ein. Faire Marktpreise ergeben sich nicht notwendigerweise aus einem bestimmten Handelsvolumen. Die Tatsache, dass an den weltweiten Aktienmärkten jeden Tag durchschnittlich Aktien im Wert von 400 Milliarden US-Dollar gehandelt werden, lässt jedoch darauf schließen, dass Aktienpreise viele Informationen beinhalten.
Beim Anlegen liegen viele Aspekte außerhalb der eigenen Kontrolle
Als Anleger müssen Sie überlegen, ob Sie den verfügbaren Preis akzeptieren oder einen besseren Preis anstreben wollen. Eine kürzlich von Dimensional Fund Advisors durchgeführte Studie zu US-amerikanischen Investmentfonds hat ergeben, dass im Fünfzehn-Jahres-Zeitraum bis Dezember 2017 nur 14% der Investmentmanager, die versucht haben, die Marktentwicklung vorherzusagen, sich durchgesetzt und besser abgeschnitten haben als die Benchmark.
Diese Studie ist nur eine von vielen in den vergangenen 50 Jahren durchgeführten Untersuchungen, die zu ähnlichen Ergebnissen kamen. Beim Anlegen gibt es viele Aspekte, die außerhalb unserer Kontrolle liegen, jedoch können wir Entscheidungen treffen, die unsere Chancen auf eine positive Investmenterfahrung steigern. Wenn wir diese Ergebnisse betrachten, dann ist der Versuch, einen besseren Preis als den verfügbaren Marktpreis zu erzielen, unter Umständen nicht der richtige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.
Welche Erkenntnisse liefert uns der Marktpreis?
Abgesehen von der Herausforderung, zu versuchen, die Marktentwicklung vorherzusagen, stellt sich die Frage, warum der Preis so bedeutend ist? Zunächst sollten wir den Zusammenhang zwischen dem Preis, der ein Anleger bezahlt und der zu erwarteten Rendite verstehen.
Betrachten wir ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, sie möchten ein Haus kaufen und Sie wissen mit Sicherheit, dass dieses Haus in zehn Jahren 2 Millionen Euro Wert sein wird. Wäre Ihre Rendite höher, wenn Sie heute 1 Million Euro oder wenn Sie 500.000 Euro für das Haus zahlen würden? Die Antwort liegt auf der Hand: Sie würden mit der Zahlung des niedrigeren Betrags von 500.000 Euro eine höhere Rendite erzielen.
In den Ergebnissen der Studie bezieht sich „Benchmark“ auf den Morningstar-Index der jeweiligen Kategorie, der zur Berechnung der Wertentwicklung jedes in der Stichprobe enthaltenen Investmentfonds herangezogen wurde. Die Stichprobe umfasst Fonds zu Beginn des Fünf-, Zehn- und Fünfzehn-Jahres-Zeitraums, die bis zum 31. Dezember 2017 andauern. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar. Siehe Fußnote für weitere Informationen. Die Wertentwicklung in der Vergangenheit stellt keine Garantie für zukünftige Entwicklungen dar.
Selbstverständlich gibt es bei Anlagegeschäften, wenn überhaupt, nur wenig Gewissheit und wir können nicht mit Sicherheit vorhersagen, wie der zukünftige Vermögenswert aussehen wird.
Aus diesem Grund sollten Sie Ihren Blick auf die erwarteten Renditen richten und sich Gedanken darüber machen, welche Entscheidungen zu einer positiven Investmenterfahrung, mit höheren erwarteten Renditen, führen. Während andere Faktoren konstant bleiben, kann man sagen: Je geringer der Preis ist, den Sie bezahlen, desto höher ist die erwartete Rendite. Daher ist es so bedeutend den zu beobachtenden Marktpreis einer Aktie zu berücksichtigen. Folglich steht der gezahlte Preis in direkter Verbindung zu der Rendite, die wir erwarten können.
Wenn sich der Preis ändert, ändert sich auch die erwartete Rendite
Wir wissen ebenfalls, dass in einer sich verändernden Welt neue Informationen regelmäßig verfügbar werden, die sich auf die Aktienpreise auswirken können. Angenommen, ein Pharmakonzern kündigt ein neues Medikament an, das, nach Ansicht der Anleger, erhebliche Einnahmen für das Unternehmen generieren wird. Falls diese Information zuvor nicht bekannt war, wird sie sich, sobald sie an die Öffentlichkeit gelangt, vermutlich auf den Aktienpreis des Unternehmens auswirken. Auf Grundlage der neuen Informationen wird sich der Preis und damit auch die erwartete Rendite verändern. Aktienpreisänderungen finden jeden Tag statt, weshalb sich auch die erwartete Rendite täglich ändert.
Indexverwaltung und Marktpreise
Jedes Jahr, am letzten Freitag im Juni, durchlaufen Russell-Indizes einen Prozess der sogenannten Neuausrichtung.4 Im Zuge dieses Prozesses werden bestimmte Aktien in den Index aufgenommen oder gestrichen. Ziel dieser Neuausrichtung ist ein regelmäßiges Rebalancing des Index, um historische Aktienveränderungen während des vorangegangenen Zeitraums zu berücksichtigen. Indexanbieter wie S&P, Russell oder CRSP haben unterschiedliche Verfahren zur Aufnahme oder Streichung von Aktien, die sich zwar geringfügig unterscheiden, die jedoch bestimmte, vorab festgelegte Zeitpunkte für die Anpassungen definieren.
Nur zu Illustrationszwecken.
Um zu entscheiden, welche Aktien in den Index aufgenommen oder aus dem Index gestrichen werden, berücksichtigt der Indexanbieter den Marktpreis einer Aktie, der es ihm ermöglicht, zu bestimmen, bei welcher Aktie es sich um eine Small Cap- oder Large Cap-Aktie oder um eine Value- oder Growth-Aktie handelt. Nur an diesen festgelegten Daten der Neuausrichtung wird der Indexanbieter die Marktpreise unter Umständen berücksichtigen. An allen anderen Tagen, zwischen den Neuausrichtungsterminen, fließen die Preisänderungen von Aktien nicht in den Index ein. Da ein direkter Zusammenhang zwischen dem Preis einer Aktie und ihrer erwarteten Rendite besteht, werden Unterschiede bei den erwarteten Renditen somit nur zu wenigen Zeitpunkten innerhalb des Jahres in einem Index berücksichtigt. Dass wir tendenziell ein stärkeres Augenmerk auf Veränderungen der Marktpreise legen, erscheint daher nur logisch, denn dies nicht zu tun, könnte direkte Auswirkungen auf die erwartete Rendite eines Index haben.
Daher ist, unseres Erachtens, die Betrachtung der Marktpreise so wichtig. Die angegebenen Preise liefern uns Informationen darüber, welche Rendite wir zukünftig erwarten können. Wenn Sie einen Investmentansatz verfolgen möchten, der darauf abzielt, jeden Tag höhere erwartete Renditen zu erzielen, sollten Sie darauf achten, dass die täglichen Preisänderungen in diesem Ansatz integriert sind. Andernfalls kann es passieren, dass Sie als Anleger nicht das erhalten, wofür sie gezahlt haben.
4 Kommentare
Hallo Herr Rump,
vielen Dank für ihren Beitrag.
Ich habe Verständnisfragen.
1. Gibt es einen Unterschied zwischen „Preis“ (findet sich im Dokument) und „relativer Preis“ (findet sich in Abbildung 2) und „Preis“ (meine Frage 3) (Kapitel Indexaufnahme/ Nur zu Illustrationszwecken).
2. Was hießt das bei steigenden Marktpreisen bzw. bei sinkenden Marktpreisen?
„Daher ist, unseres Erachtens, die Betrachtung der Marktpreise so wichtig. Die angegebenen Preise
liefern uns Informationen darüber, welche Rendite wir zukünftig erwarten können.“
„Je geringer der Preis ist, den Sie bezahlen, desto höher ist die erwartete Rendite. Daher ist es so
bedeutend den zu beobachtenden Marktpreis einer Aktie zu berücksichtigen. Folglich steht der gezahlte
Preis in direkter Verbindung zu der Rendite, die wir erwarten können.“
Heißt das, dass bei sinkenden Marktpreisen die erwartete Rendite steigt und bei steigenden Marktpreisen die Rendite sinkt? Wenn ja, dann hätten Sie Deutsche Bank gekauft aber keine Amazon, richtig?
Hätten Sie mit diesem Ansatz den Marktpreis zu berücksichtigen Google oder Amazon Aktien gekauft?
Wenn wir „erwartete Rendite“ als KGV ausdrücken, dann war der „relative Preis“ (Kurs Gewinn Verhältnis) wohl zu jederzeit ungünstig und sie hätte dann eher E ON Aktien mit einem kleinen KGV gekauft, oder?
3. Hier geht es doch eher um den absoluten Preis, richtig?
„Um zu entscheiden, welche Aktien in den Index aufgenommen oder aus dem Index gestrichen werden,
berücksichtigt der Indexanbieter den Marktpreis einer Aktie, …“
Siehe auch deutsche-böse.com – Aufnahme von Aktien in einen Index
Auswahlkriterien für die Aufnahme in einen Aktienindex der Deutschen Börse sind der Börsenumsatz und die Marktkapitalisierung auf Basis des Streubesitzes. (von http://deutsche-boerse.com/dbg-de/ueber-uns/services/know-how/boersenlexikon/boersenlexikon-article/Aktienindex/2559912)
Vielen Dank für die Aufklärung
René
Hallo René,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne versuche zu beantworten.
Angefangen mit Frage 3. Bei den meisten Indizes entscheidet die Marktkapitalisierung – Preis/Kurs*Anteile – über die Aufnahme.
Zu Frage 2: -Heißt das, dass bei sinkenden Marktpreisen die erwartete Rendite steigt und bei steigenden Marktpreisen die Rendite sinkt? –
Im Prinzip ja. Deshalb scheint es sinnvoll, bei Marktkorrekturen „nachzukaufen“ und den Durchschnittspreis seiner Investition zu senken.
-Wenn ja, dann hätten Sie Deutsche Bank gekauft aber keine Amazon, richtig?
Hätten Sie mit diesem Ansatz den Marktpreis zu berücksichtigen Google oder Amazon Aktien gekauft?-
Ich habe alle Aktien gekauft. 😉 Allerdings beschäftige ich mich nicht mit der Investition in einzelne Titel.
Zum Preis:
Finanzmärkte nutzen bei der Preisfindung von Aktien unterschiedliche Diskontsätze, um die Risiken einer Investition zu berücksichtigen. Werden die Risiken als höher wahrgenommen, muss die erwartete Rendite steigen. Das ist vergleichbar mit einem Schuldner, der einen Kredit aufnimmt. Bei guter Bonität ist der Zins niedrig, bei schlechter Bonität natürlich höher.
Die Finanzmarktforschung der letzten Jahrzehnte hat auf dieser Basis festgestellt, dass es gewisse Bereiche gibt, die eine höhere zu erwartende Rendite aufweisen. Dies sind z.B. Kleine Unternehmen (Small-Caps) im Vergleich zu großen Unternehmen, oder so genannte Value Unternehmen (unterbewertet anhand Kurs/Buchwert Verhältnis) im Vergleich zu Growth Unternehmen.
Diese Informationen nutze ich um zu investieren.
Ich kaufe jedoch keine einzelnen Titel sondern vielmehr den gesamten Markt und schaue, welche Information ich über die Preise erhalte. Diese Informationen kann ich dann nutzen, um Unternehmen mit einer höheren zu erwarteten Rendite (Small-Cap und Value Titel) zu finden und höher zu gewichten.
Somit habe ich Google und Amazon zwar gekauft, aber nicht übergewichtet.
Mit dieser breiten Streuung senke ich die Risiken signifikant und schließe zudem aus, dass ich bei den besten Werten nicht investiert bin. Ich nutze das Wachstum, welches der Markt mir bietet.
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen halbwegs zufriedenstellend beantworten. Wenn noch Fragen offen sind, gerne hier oder per Email stellen.
Viele Grüße
Christian Rump
Ich und mein Mann haben tatsächlich vor, ein Haus zu kaufen. Wir stellen uns sehrt viele Fragen, ob das der richtige Moment ist oder wir lieber warten sollten und ob das überhaupt Sinn machen würde. Danke für den interessanten Artikel. Den Absetz über den Marktpreis fand ich besonders hilfreich und hat mir den richtigen Ansporn gegeben.
Hallo Frau Heimisch,
es freut mich sehr, wenn Ihnen meine Ideen weiterhelfen.
Sollten Sie noch Fragen haben, bin ich gerne für Sie da.
Viele Grüße
Christian Rump