Freiberufler können die kompletten Vorteile unserer schönen neuen Arbeitswelt genießen: via Internet können sie überall auf der Welt, losgelöst von Öffnungszeiten ihren Job machen. Doch schnell kann das schillernde New Work in der kompletten Erschöpfung münden. Mit diesen Tipps passiert Ihnen das nicht.
Gehören Sie auch zu den Remote-Arbeitern? Den Work-Life-Blendern? Den Menschen, die mobil unterwegs sind, und bei denen Privatleben und Job grenzenlos in einander übergehen? Und wie geht es Ihnen damit?
Gut? Prima! Dann machen Sie weiter so. Denn per se ist überhaupt nichts einzuwenden gegen einen hohen Workload, vielen Verpflichtungen, einer Verschmelzung von Berufs-und Privatleben und einem emsigen Tun. Dann nämlich, wenn das hohe Tempo, das Jonglieren von zahlreichen Aufgaben gleichzeitig und der stolze Blick in den vollen Terminkalender unserem inneren Rhythmus entspricht. Solange es unsere innere natürliche Taktung ist, die uns antreibt, und nicht das Tempo in unserer Umgebung, dann ist alles wunderbar. Solange wir freiwillig zum „Work-Life-Blender“ werden – nein, nicht der „Vortäuscher“, sondern der „Mixer“ (aus dem englischen blend = mischen) – der seinen beruflichen und privaten Alltag fließend handhabt, solange ist alles im Lot. Solange wir auftanken können und uns erholen können, brauchen wir über LassMalAllesAus nicht weiter nachdenken.
Wenn wir allerdings verdichten, hetzen und jonglieren, wenn wir mixen und ständig erreichbar sind, weil die Menschen und Aufgabenfülle in unserem Alltag da draußen oder kleine, bohrende Antreiber in uns selbst uns immer wieder zu „ständig on“ antreiben, dann wird es ungesund.
Dumm nur, dass wir oft gar nicht merken, warum wir so emsig sind, wie wir sind. Schleichend packen uns offene Aufgaben unauffällig bei der Ehre. Unbemerkt locken uns neue Projekte in ihren Bann. Still und leise machen sich Urlaubs- und Neujahrsvorsätze, endlich mal weniger zu tun, davon. Machen die Freelancer-Kollegen ja auch nicht! Viel zu schaffen wird in unserer Leistungsgesellschaft honoriert. Faultiere sind verpönt! Und solange es dumme Sprüche hagelt, wenn wir pünktlich Feierabend machen (“Arbeitest Du jetzt halbtags?“) ist es schwer, die innere Taktung zu spüren – und zu leben.
Immer „on“ zu sein, hat Suchtcharakter. Wir fühlen uns toll und unschlagbar. Yeah – alle To-Do´s erledigt, und nebenbei noch zehn überraschende Aufgaben gewuppt – Chapeau! Wir wollen die Fülle des Lebens auskosten – also noch schnell ein paar Konzert-Tickets gebucht. Wir wollen mit unseren Freunden in Kontakt bleiben – also noch hurtig in 37 WhatsApp-Gruppen unseren Senf dazugeben. Noch ein Herz auf dem Instagram-Post des Schwagers verteilen und neue Schuhe bei Zalando bestellt. Mal alles auslassen? Fehlanzeige. Tempo und „Sofortness“ stecken an.
Sehnen Sie sich mittlerweile immer mehr danach, endlich mal abschalten zu können? Tiefe Ruhe zu spüren? In den Themen versinken zu können? Innerlich zu entspannen? Versunken zu sein? Muse zu haben? Den Müßiggang zu genießen? Wieder Freude am dem zu haben, was Sie tun? Echte innere Kraft zu spüren? Sich einfach mal treiben zu lassen – anstatt angetrieben zu sein? Dann wird es Zeit, das Ruder herum zu reißen, und dem „ständig on“ die Rote Karte zu zeigen.
Alles mal auslassen, abschalten, auftanken – kaum ein Zustand ist heute für viele Menschen allerdings schwieriger zu erreichen, als die Pause-Taste zu drücken. Und sich in echt, digital und auch mental, aus dem Alltag auszuklinken.
Experten und Medien haben die neuen Hauptgründe für unseren Stress und unsere Überlastung ausgemacht: Es sind das Smartphone und das mobile Internet. Aber stimmt das wirklich? Nein, denn hier verwechseln wir Ursache und Diagnose: Smartphones und mobiles Internet sind nämlich lediglich Werkzeuge, die uns dabei unterstützen, zu arbeiten oder privat Dinge zu erledigen. Nicht sie erzeugen Stress, sondern unser Umgang damit treibt uns in die Überlastung. Wenn wir die technischen Geräte, die Möglichkeit zu Work-Life-Blending oder meinetwegen auch das Großraumbüro verantwortlich für unseren hohen Stresspegel machen, dann wäre das so, als wenn ein Chirurg sein Skalpell oder ein Koch seinen Kochlöffel für seinen Druck verantwortlich machen würde.
Was treibt Sie rein?
Ob wir mal alles auslassen, uns abschotten und uns Zeit für uns nehmen oder eher dem lockenden Ruf nach »offen sein für das, was kommt« folgen, hat viel mit unserem inneren Antrieb zu tun. Egal ob wir wollen oder nicht, bei allem, was wir tun, folgen wir einem »inneren Ruf«.
Ob Sie Überstunden machen, abends noch in Ihre Mails gucken oder heimlich auf dem Klo Candy Crush spielen – immer bringt Sie Ihr innerer Motor dazu, dies zu tun. Auch wenn Sie das eigentlich gar nicht wollen – er treibt Sie an. Manchmal ist dieser Motor dabei positiv und stachelt uns auf eine wohltuende Weise an. Das ist der Fall, wenn Sie Ihre Lebensmotive (z. B. Freiheit, Abenteuer, Zugehörigkeit) ausleben. Dann springen Sie morgens voller Elan aus dem Bett und freuen sich auf die Aufgaben und Begegnungen, die heute vor Ihnen liegen.
Manchmal treiben uns allerdings innere Saboteure in ein Verhalten, das uns überhaupt nicht guttut. Aber wir schaffen es einfach nicht, diese destruktive Macht des inneren Antriebs aufzulösen.
Kennst du Ihren inneren Antrieb? Im Zusammenhang mit unserem Umgang mit Zeit und Aufgaben spielen hier vor allem unsere Erziehung, unsere Vorbilder und zahlreiche innere Bilder eine Rolle, die uns auf unserem bisherigen Lebensweg begleitet haben. Jedes Lob, jeder Tadel, jede Erfahrung, jede Verletzung, jede erfreuliche Situation hinterlassen in uns Eindrücke, die unsere Sicht auf die Welt prägen. Wir lernen von Kindesbeinen an aus Bemerkungen von uns nahestehenden Menschen oder allein auch aus Beobachtungen, wie sich andere Menschen verhalten, was »richtig« und was »falsch« ist. Ein Ur-Instinkt trieb uns, es den Eltern stets recht zu machen, und auch heute tun wir häufig noch alles, um Eltern oder andere Autoritäten glücklich zu machen. Oder um ihnen trotzig eins auszuwischen. So oder so – wir agieren nicht frei und erwachsen, sondern angetriggert durch unsere Überzeugungen und unsere subjektive »Wahrheit«.
Und das kann für eine Freiberufler fatal sein: weil wir permanent über unsere Grenzen gehen, und unser Einsatz für die Kunden völlig aus der Balance gerät.
Seit vielen Jahren nutze ich die Erkenntnisse der Antreiberforschung, um zu erklären, welche »Gegenwinde« uns immer wieder von unserem Geht-ja-doch-Projekt wegblasen, wenn es darum geht, uns (beruflich) zu verändern. Oder was uns zu mehr Arbeit und Einsatz verführt, als wir „eigentlich“ wollen. Auch in Bezug auf unsere Zeitmanagement-Ambitionen zeigen die Antreiber uns ganz wunderbar, warum wir uns so anders verhalten, als wir »eigentlich« wollen. Der Schlüssel für einen erfolgreichen Umgang mit Stress, Druck oder Aufgabenfülle liegt deshalb darin, uns unsere unbewussten On-Treiber bewusst zu machen und dann zu entscheiden, ob wir aus den destruktiven Mustern raus und neue, konstruktive Leitlinien für uns finden wollen. Deshalb: Vorhang auf für die kleinen inneren Widersacher und Saboteure. Was treibt Sie an?
- Wollen Sie immer zu absolut perfekt Arbeit liefern? Ist gut nie gut genug?
- Haben Sie Angst um Ihre Gesundheit und finanzielle Zukunft und wollen mit viel Arbeit das Risiko mindern, mittellos zu werden?
- Geht Ihnen immer alles zu langsam, und Sie treiben sich an, in der Kürze der Zeit einen noch höheren Output zu haben?
- Versuchen Sie es allen Menschen recht zu machen? Jedem Kunden, der Familie – nur Sie selbst kommen meist zu kurz?
- Glauben Sie, dass ein leichter Erfolg nichts wert ist? Dass ein Projekt viel Einsatz verlangen muss, um anerkennenswert zu sein?
- Oder haben Sie an sich selbst den Anspruch, alles mit links zu wuppen?
Beobachten Sie sich in den kommenden Tagen bewusst und achtsam: was treibt Sie in ein Verhalten rein, das Sie so „eigentlich“ nicht gut finden? Mit welchen Sätzen spornen Sie sich zu Höchstleistung an? Und welche Überzeugung bringt Sie immer dazu weit über die eigenen Kräfte zu agieren?
Blicken Sie bewusst auf sich und Ihr Tun. Der Vorteil: wenn wir erkannt haben, was uns antriggert, dann haben wir den Schlüssel für eine Veränderung bereits in der Hand. Nach dem Motto: Gefahr erkannt – Gefahr gebannt. Wir kommen raus aus dem automatischen Funktionieren, rein in ein selbstbestimmtes und wirklich freies Tun. Ein Tun, das dem Namen Frei-Berufler eine ganz neue Bedeutung geben kann. Und das der Türöffner ist für ein echtes freies Schaffen.
Mehr dazu im neuen Buch von Cordula „Lass Mal Alles Aus – Wie du wirklich abschalten lernst“
Mehr Impulse für ein Leben im Frieden mit inneren Antreibern und Saboteuren gibt es im neuen Online-Kurs von Cordula „Innere Saboteure zu Freunden machen“. Nächster Kursstart mit Live-Begleitung ist am 25. November 2019. Achtung: limitierte Teilnehmerzahl! Mehr Infos: https://kreative-chaoten.com/online-kurse/saboteure