Käufer von Computerprogrammen, insbesondere von Individualsoftware, sind nicht selten in hohem Maße abhängig von deren Funktionalität. Häufig erledigt die Software komplexe und kritische Aufgaben, die für ein Unternehmen überlebenswichtig sind. Um die Ablauffähigkeit der Software im Unternehmen sicherzustellen, schließen viele Firmen daher Wartungsverträge mit externen Dienstleistern. Der Inhalt solcher Wartungsverträge kann ganz unterschiedlicher Art sein und von einfacher Installationshilfe und Telefonsupport, über ein Abonnement für Updates, bis hin zur Programmerweiterung oder Weiterentwicklung reichen. Auch Kombinationen oder „rundum-sorglos Pakete“ gibt es in der Praxis. Rechtsanwalt Thomas Feil und Dipl.-Jur. Alexander Fiedler zeigen in ihrem gemeinsamen Beitrag im SOLCOM Newsletter die rechtliche Problemstellung auf und weisen auf mögliche Risiken hin.
I. Kompendium
Nicht selten übersteigen die Kosten für die Wartung die Anschaffungskosten der Programme um ein Vielfaches. Das macht es für den Softwarehersteller und für dessen Vertragsunternehmen interessant, diesen Markt selbst zu besetzen. Die Versuchung der Hersteller, dem Abnehmer zu verbieten, Dritte mit der Softwarewartung zu beauftragen ist insbesondere dann sehr groß, wenn es zu der betreffenden Software keine echte Alternative gibt, der Hersteller also marktmächtig ist oder möglicherweise sogar ein Monopol innehat. In einer solchen Situation besteht die Gefahr, dass der Hersteller überzogene Wartungspreise verlangen kann und der Kunde solchen Forderungen schutzlos ausgeliefert ist.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über die rechtlichen Rahmenbedingungen. Die juristischen Problemkreise liegen insbesondere im Urheberrecht, im Vertragsrecht und im Wettbewerbsrecht.
II. Urheberrechtlicher Schutz ohne vertragliche Abreden
Computerprogramme sind urheberrechtlich geschützt und Änderungen am Programm selbst, sogenannte Bearbeitungen oder Umarbeitungen, sind damit grundsätzlich dem Urheber selbst vorbehalten (§ 69c S. 1 Nr. 2 UrhG). Ab wann eine urheberrechtlich relevante Bearbeitung des Programms vorliegt, bedarf einer Einzelfallanalyse und viele Fragen diesbezüglich sind weiterhin ungeklärt. So ist bspw. fraglich, ob bereits das Umschreiben der Programmregistrierungseinträge in der Registrierungsdatenbank des Betriebssystems eine Bearbeitung der Software darstellt und wie es mit dem Entfernen oder Verschieben einzelner Programmdateien im Installationsverzeichnis aussieht. Jedenfalls soll aber die Installation eines Erweiterungsmoduls eine Bearbeitung darstellen (BGH, Urteil vom 24.02.2000, Az. I ZR 141/97).
Das bedeutet zunächst einmal, dass Wartungsarbeiten am Programm selbst, welche über die im Programm angelegten Einstellungsmöglichkeiten im normalen Betrieb hinausgehen, ohne Zustimmung des Urhebers nicht vorgenommen werden dürfen. Eine Ausnahme davon stellt die Fehlerberichtigung dar. Diese darf der Nutzer selbst vornehmen und in diesem Rahmen auch das Programm umarbeiten, wenn die Parteien nicht vertraglich etwas anderes vereinbart haben. Eine Dekompilierung, also eine Rückübersetzung der ausführbaren Programmdateien in eine für Menschen verständliche Programmiersprache durch entsprechende Software, ist jedoch auch zur Fehlerbereinigung nicht gestattet, wie sich im Umkehrschluss aus § 69e I UrhG ergibt. Danach ist die Dekompilierung lediglich zur Schnittstellennutzung statthaft.
III. Individualvertragliche Abreden aus urheberrechtlicher Sicht
Anders stellt sich die Lage jedoch dar, wenn Hersteller und Nutzer individualvertraglich vereinbart haben, dass eine Fehlerbeseitigung nur durch den Hersteller oder dessen zertifizierte Dienstleister vorgenommen werden dürfen. Dies ist dem Hersteller erlaubt, sofern er den Fehler selbst beheben kann.
IV. Wartungsverbote in Allgemeine Geschäftsbedingungen im B2B-Bereich
Individualvertragliche Abreden, also solche, die zwischen Hersteller und Käufer einer Software individuell ausgehandelt werden, sind in der Praxis eher die Ausnahme. Häufiger werden dem Käufer Verkaufs- oder Lizenzbedingungen vorgesetzt, mit deren Geltung er sich einverstanden erklären muss. In solchen Fällen liegen Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vor, das sind „alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrags stellt“ (§ 305 I S. 1 BGB). Hintergrund der BGB- Regelung ist ein gesetzlich vermutetes strukturelles Ungleichgewicht in der Verhandlungsposition des Verwenders der AGB, wenn er dem Vertragspartner seine Vertragsbedingungen praktisch diktieren kann.
Bei AGB ist zunächst zu beachten, dass abweichende individuelle Abreden immer vorrangig gegenüber den AGB sind. Ferner werden überraschende Klauseln, also solche mit denen der Vertragspartner üblicherweise nicht rechnen muss, gar nicht erst Vertragsbestandteil (§ 305c I BGB).
Wichtiger Bestandteil der AGB-Prüfung ist die sogenannte Inhaltskontrolle, die den Vertragsinhalt korrigiert, wenn eine Vertragspartei unangemessen benachteiligt ist (§ 307 BGB). Eine solche Benachteiligung kann sich nicht nur aus urheberrechtlichen Erwägungen ergeben, sondern es ist eine umfassende Interessenabwägung durchzuführen (Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 1206).
Eine unangemessene Benachteiligung liegt im Zweifel dann vor, wenn eine AGB-Regelung von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung unvereinbar ist (§ 307 II Nr. 1 BGB). Die maßgebliche gesetzliche Regelung ist das Urheberrechtsgesetz, welches grundsätzlich Änderungen zum Zwecke der Fehlerbeseitigung erlaubt (siehe II). Eine Abweichung von dieser Regelung indiziert zunächst die Unangemessenheit der Vertragsklausel, sofern nicht das legitime Interesse des Herstellers die Bestimmung zu rechtfertigen vermag. Ein solches nachvollziehbares Interesse kann in Ausnahmefällen der Know-How-Schutz oder das Risiko der Softwarepiraterie sein (Marly, Softwareüberlassungsverträge, Rn. 1207). Jedoch können solche Interessen nicht pauschal behauptet, sondern müssen vom Softwarehersteller besonders nachgewiesen werden, weil die Interessen des Urhebers und des Nutzers bereits im Urheberrechtsgesetz Berücksichtigung gefunden haben und Ausnahmen von dem gesetzlich vorweggenommenen Interessenausgleich rechtfertigungsbedürftig sind.
V. Wettbewerbsrecht
Einschränkungen bezüglich der Vereinbarkeit von Wartungsverboten können sich aus dem Wettbewerbsrecht ergeben. Das Wettbewerbsrecht schützt einen freien Wettbewerb und will wirtschaftliche Macht dort beseitigen, wo sie die dem Wettbewerb innewohnende Tendenz zur Leistungssteigerung zum Nachteil des Verbrauchers beeinträchtigt (Lettl, Kartellrecht, Rn. 467). Daher ist es einem marktbeherrschenden Unternehmen verboten, die Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund zu beeinträchtigen.
Ein Hersteller ist marktbeherrschend, wenn er auf einem bestimmten Markt keinem wesentlichen Wettbewerb ausgesetzt ist oder im Verhältnis zu Wettbewerbern eine überragende Marktstellung innehat. Ab einem Marktanteil von einem Drittel wird die marktbeherrschende Stellung vermutet. Probleme treten auf, wenn beispielsweise ein kleines Softwareunternehmen erstmals ein Programm auf den Markt bringt, zu dem es keine Alternative gibt und andere Unternehmen erst mittelfristig ähnliche Produkte verkaufen können. Solche lediglich temporären Vorsprünge eines Pionierunternehmens begründen zwar definitionsgemäß ein Monopol. Allerdings wird in solchen Fällen erst dann die Eingriffsschwelle überschritten, wenn sich die Stellung des Unternehmens so verfestigt hat, dass es in der Lage ist, durch Behinderungen imitativen Wettbewerbs seine eigene Marktstellung gegen Erosion abzusichern (Möschel in: Immenga/Mestmaecker, GWB, § 19, Rn. 57).
Von grundlegender Bedeutung ist die Abgrenzung des relevanten Markts. Alle Produkte gehören einem Markt an, wenn sie aus Sicht des Kunden ähnlich und daher austauschbar sind (sog. Bedarfsmarktkonzept). Beispielsweise gehören bei Webbrowsern der Microsoft Internet Explorer und Mozilla Firefox einem Markt an oder am Frühstückstisch Butter und Margarine.
Wenn ein marktbeherrschender Softwarehersteller seinen Kunden vertraglich verpflichtet, Wartungsaufgaben nur durch den Hersteller oder dessen Vertragshändler durchführen zu lassen, bewirkt dies, dass die bestehende Marktmacht auf dem Softwaremarkt auf den Markt für Wartungsdienstleistungen transferiert wird und dadurch andere Unternehmen faktisch dadurch nicht nur vom Primärmarkt, sondern auch vom Drittmarkt ausgeschlossen werden und so ein Wettbewerb verhindert würde. Dieses Phänomen wird als Marktmachttransfer bezeichnet und ist gemäß § 19 IV Nr. 1 GWB einem marktbeherrschenden Unternehmen verboten, weil Mitbewerber über Gebühr behindert werden und solche Maßnahmen nicht einem Leistungswettbewerb entsprechen. Die Konsequenzen können Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche seitens der Mitbewerber und der betroffenen Kunden sein.
Auch Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind denkbar. So kommt insbesondere eine durch Produktkoppelung intendierte gezielte Behinderung von Mitbewerbern in Betracht (§ 4 Nr. 10 UWG), die möglicherweise dann gegeben sein könnte, wenn die Produkte „Software“ und „Wartungsvertrag“ nur zusammen, also gekoppelt, abgegeben werden.
Fazit
Trotz der grundsätzlichen Möglichkeit, dem Kunden die vertragliche Verpflichtung aufzuerlegen, Softwarewartungen nur von Seiten des Herstellers durchführen zu lassen, sind zahlreiche rechtliche Einschränkungen zu beachten. Die Nutzung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann sich hier genauso als Fallstrick erweisen, wie die Intention eines marktmächtigen Unternehmens, seine Marktmacht auch auf den Markt für Softwarewartungen auszudehnen. Letztlich kommt es auf eine Einzelfallprüfung an. Dazu gehört auch eine intensive Prüfung, wie der Softwareüberlassungsvertrag im Einzelnen ausgestaltet ist. Erschwerend kommt darüber hinaus hinzu, dass viele Fragen höchstrichterlich nicht entschieden sind und daher eine anwaltliche Einzelfallbegutachtung durch einen Spezialisten empfehlenswert ist.