Stellen Sie sich vor, Sie sind Freiberufler und schließen mit einem neuen Auftraggeber einen Vertrag über eine projektbezogene Zusammenarbeit. Sie haben im Hinterkopf, dass die Deutsche Rentenversicherung solche Zusammenarbeiten kritisch prüft und häufig zu dem Ergebnis kommt, dass der Freiberufler tatsächlich ein Beschäftigter des Auftraggebers ist.
Wenn Sie die folgenden Tipps beachten, stehen Ihre Chancen gut, dass auch die Deutsche Rentenversicherung eine selbstständige Tätigkeit feststellt:
Vertrag als Basis
Der Vertrag regelt, dass Sie ausschließlich für die Erbringung der Vertragsleistung das Honorar erhalten. Ausfallzeiten wegen einer Erkrankung oder Urlaubs werden nicht vergütet. Der Vertrag muss wie auch die weiteren Tipps entsprechend umgesetzt also „gelebt“ werden.
Die Art und Weise der Zusammenarbeit
Sie sind selbständiger Auftragnehmer, wenn Sie weisungsfrei den Auftrag bearbeiten und nicht in die betriebliche Organisation des Auftraggebers eingebunden sind.
Sie arbeiten weisungsfrei,
- wenn der Auftraggeber in die tatsächliche Durchführung der Arbeiten nicht eingreifen kann. Sie entscheiden also im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen allein, wie Sie bei dem Projekt vorgehen und es ist Ihnen überlassen, wie Sie vorgegebene Teilschritte erarbeiten oder Fristen einhalten.
- Wenn der Vertragsgegenstand nachträglich nicht einseitig verändert werden kann.
- Wenn der Auftraggeber ihre Arbeit nicht kontrolliert, Sie also keine regelmäßigen Berichtspflichten haben.
Sie sind unabhängig von der betrieblichen Organisation des Auftraggebers,
- wenn Sie in Ihrem eigenen (gemieteten) Büro die Tätigkeit erbringen. Sie also keinen Arbeitsplatz in den Räumen des Auftraggebers haben, wo Sie während regelmäßiger Anwesenheitszeiten – womöglich noch unter Einloggen in das Zeiterfassungssystem des Auftraggebers, den Auftrag bearbeiten.
- Wenn Sie unabhängig von den Mitarbeitern des Auftraggebers Ihre Leistung erbringen.
Weitere Kriterien, die für Ihre Selbstständigkeit als Freiberufler sprechen sind:
- eigene Mitarbeiter
- verschiedene Auftraggeber
- regelmäßige Akquise für neue Aufträge
- eigener Kapitaleinsatz
- eigene Betriebsausstattung
- eigene Haftpflichtversicherung.
Auch wenn alle oder die meisten der aufgezählten Kriterien erfüllt werden, ist doch völlig offen, wie die Deutsche Rentenversicherung die Zusammenarbeit letztlich beurteilt.
Das Statusverfahren nach § 7 a SGB IV
Auftraggeber gehen dazu über, das Anfrageverfahren zur rechtsverbindlichen Klärung der Zusammenarbeit zu nutzen. Nur ein solches Verfahren bringt dem Auftraggeber Rechtssicherheit und damit auch finanzielle Sicherheit. Denn der Auftraggeber trägt das finanzielle Risiko, wenn das Arbeitsverhältnis als Beschäftigung qualifiziert wird. Dann muss der Auftraggeber sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge nachzahlen.
Den größten Nutzen hat der Auftraggeber, wenn bereits im ersten Monat der Zusammenarbeit das Anfrageverfahren eingeleitet wird. Dann entstehen Beitragspflichten erst in der Zukunft ab Rechtskraft der Entscheidung. Vielleicht ist zu diesem Zeitpunkt das Projekt bereits beendet und es werden keine Beiträge fällig.
Damit dieser Vorteil eintreten kann, müssen Sie gewisse Voraussetzungen erfüllen:
- Sie müssen zustimmen, dass eine mögliche Beitragspflicht erst zu einem späteren Zeitpunkt beginnt,
- für die Dauer des Verfahrens müssen Sie eine Krankenversicherung einschließlich Krankentagegeldversicherung und eine Altersvorsorge nachweisen.
Hinweis: Eine Krankentagegeldversicherung haben die wenigsten Selbstständigen abgeschlossen. Daran scheitert der gewünschte Nutzen durch eine sofortige Statusklärung.
Als Auftragnehmer ist das Statusverfahren für Sie ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite können Sie als Freiberufler mit der richtigen Vorgehensweise einem berechtigten Wunsch des Auftraggebers nach Rechtssicherheit nachkommen. Auf der anderen Seite führt selbst ein erfolgreiches Statusverfahren zu einer Überprüfung Ihrer persönlichen Rentenversicherungspflicht. Hierbei kann es für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren und elf Monaten rückwirkend zu einer Beitragsnachforderung von 30.000,– € kommen.
Risiko Betriebsprüfung bei dem Auftraggeber
Sie arbeiten schon lange oder immer mal wieder als Freiberufler mit demselben Auftraggeber zusammen? Dann kann es passieren, dass die Deutsche Rentenversicherung anlässlich einer Sozialversicherungsprüfung im Betrieb des Auftraggebers die freien Mitarbeiter prüft (Stichwort: Konto Fremdarbeiten).
Daraus kann sich eine Prüfung ergeben, ob Scheinselbstständigkeit vorliegt und es erfolgt eine Überprüfung der persönlichen Rentenversicherungspflicht. Diese erstmalige Überprüfung von freien Mitarbeiterverhältnissen kann bei jeder Betriebsprüfung erfolgen. Frühere Betriebsprüfungen ohne Beanstandung bieten keinen Schutz.
Für eigene finanzielle Sicherheit sorgen
Rentenversicherungspflichtig sind Selbstständige, die keinen eigenen Mitarbeiter beschäftigen (Minijobber zählen nicht), zum Beispiel wegen des ausgeübten Berufs oder weil sie auf Dauer fünf Sechstel ihres Gesamteinkommens von einem Auftraggeber beziehen.
Als Freiberufler sollten Sie daher frühzeitig Ihren versicherungsrechtlichen Status klären und es nicht darauf ankommen lassen, dass ein Auftraggeber Sie in ein Statusfeststellungsverfahren zwingt oder es im Rahmen einer Betriebsprüfung bei einem Auftraggeber zu einer Überprüfung kommt. Eine Beitragsnachzahlung für knapp fünf Jahre und die weiteren monatlichen Beiträge sind für die meisten existenzbedrohend.