Was ist ein Vertrag, was soll er leisten? Viele Fehlentwicklungen und Streitigkeiten ließen sich vermeiden, wenn sich die Beteiligten die Mühe machen würden, dieser Frage vor dem Abschluss beziehungsweise der Ausformulierung eines Vertrags auf den Grund zu gehen. Wer als Freiberufler Risiken aus dem Weg gehen und juristische Streitigkeiten vermeiden will, sollte seine Verträge sehr sorgfältig formulieren.
Das Wichtigste: Ein Vertrag dient nicht nur der Absicherung von Risiken, er sollte auch als Leitlinie der Vertragspartner für den gemeinsamen Umgang miteinander gelten. Ein guter Vertrag zieht, bei allem berechtigten Eigeninteresse, den Vertragspartner nicht über den Tisch, denn sonst wird dieser sicher auf Dauer kein Kunde oder Vertragspartner bleiben. Freiberufler sind also gut beraten, ebenso faire wie wasserdichte Verträge auszuhandeln.
Ein guter Vertrag sichert also die Kundenzufriedenheit und dient damit letztlich auch dem Erfolg des Unternehmens. Was aber muss in einem IT-Vertrag alles geregelt sein? Die nachfolgenden Ausführungen geben einen Überblick über die wichtigsten Punkte.
Nutzungsrechte nicht nur als Freiberufler richtig definieren
Ein zentraler Punkt in IT-Verträgen ist die Einräumung von Nutzungsrechten (Lizenzen) an der Software. Ist diese Frage nicht ausreichend geregelt, bestimmt sich der Umfang nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck. Allerdings: Wer weiß schon genau, welchen Vertragszweck beide Partner zugrunde gelegt haben? Mit dem Wort „Lizenzen“ sollte man übrigens vorsichtig sein und sich präzise ausdrücken. Denn man kann viele verschiedene Nutzungsrechte an einer Software einräumen:
- Benutzungsrecht (Recht, die Software ablaufen zu lassen),
- Vervielfältigungsrecht (etwa zur Installation oder Anfertigung einer Sicherungskopie),
- Bearbeitungsrecht (das Recht, den Quellcode zu ändern und/oder zu erweitern),
- verschiedene Vertriebsrechte (verkaufen; vermieten, verleihen; öffentlich zugänglich machen, zum Download bereit stellen und Ähnliches).
Die Nutzungsrechte lassen sich auf verschiedene Weise regeln:
Beschränkte / unbeschränkte Nutzungsrechte
- Die Nutzungsrechte an der Software können entweder unbeschränkt eingeräumt oder begrenzt werden. Dies ist zum einen räumlich möglich, zum Beispiel nur in einem bestimmten Land; das ist – neben möglichen Auswirkungen auf die Höhe der Vergütung – gegebenenfalls auch im Hinblick auf unterschiedliche gesetzliche Anforderungen wichtig. Denkbar sind, etwa bei Test- und Evaluationslizenzen, weitere Einschränkungen, die beispielsweise die Nutzung nur auf dem Gelände des Kunden („site license“) erlauben. Das zum Beispiel wäre unter Umständen angebracht, wenn der Vertrag für ein Projekt gibt, das der Freiberufler nur direkt beim Kunden durchführt.
- Die Nutzungsrechte lassen sich auch sachlich begrenzen. Die Einschränkung kann nach dem Einsatzzweck vorgenommen werden. So kann zum Beispiel der Einsatz auf Evaluations- oder Schulungszwecke begrenzt werden. Bestimmte Anwendungen (etwa für Luftfahrt oder für Kernkraftwerke) können ausgenommen werden. Außerdem kann die Nutzung auf eine bestimmte Anzahl von Usern, von gleichzeitigen oder namentlich benannten Usern („node locked“) oder Arbeitsplätzen eingeschränkt werden.
- Wird eine solche Begrenzung nicht vereinbart, muss geregelt werden, was bei Vergrößerung der Unternehmensgruppe gelten soll. Soll es beispielsweise einen Unterschied machen, ob die Vergrößerung durch Zukäufe oder durch externes Wachstum erfolgt oder nicht? Wie ist in einem solchen Fall die Höhe der Vergütung geregelt? In diesem Zusammenhang sollte auch der Fall geregelt sein, dass ein einzelnes Unternehmen aus der Unternehmensgruppe ausscheidet. Wer bekommt dann das Nutzungsrecht, fällt es zum Beispiel zurück an die Konzernmutter?
- Das Nutzungsrecht lässt sich auch im Hinblick auf die technischen Gegebenheiten anpassen. So kann zum Beispiel bei Embedded Software die Nutzung nur für ein bestimmtes Steuergerät oder nur für bestimmte Hardware erlaubt werden. Problematisch ist die Bindung an eine feste Maschine (CPU-Lizenz). Mehr dazu weiter unten unter „Vertragstypen“.
- Auch eine zeitliche Einschränkung der Nutzungsrechte (zum Beispiel nur für fünf Jahre oder die voraussichtliche Dauer des Projekts, an dem der Freiberufler arbeitet) ist möglich. Vertragsrechtlich handelt es sich dann in der Regel um einen Mietvertrag.
Ausschließliche / nichtausschließliche Nutzungsrechte
Von großer Bedeutung ist auch die Frage, ob die Nutzungsrechte ausschließlich („exklusiv“) oder nichtausschließlich eingeräumt werden. Werden die Nutzungsrechte ausschließlich eingeräumt, darf nur der Kunde die Software nutzen, eine Weiterverwertung durch das Softwarehaus ist dann nicht mehr möglich.
Enthält die Individualsoftware Standardkomponenten, ist eine differenzierte Regelung unabdingbar. Denn sonst kann das Softwarehaus / der Freiberufler die Standardkomponenten nicht auch an andere Kunden verkaufen beziehungsweise macht sich unter Umständen schadensersatzpflichtig, weil er die Standardkomponenten schon an andere Kunden verkauft hat. In jedem Fall muss geregelt werden, dass der Freiberufler sein Know-how, das er bei der Entwicklung der Individualsoftware gewonnen hat, weiter nutzen kann, denn sonst kann er sich nie zu einem Spezialisten für bestimmte Gebiete entwickeln.
Weitere Informationen zur richtigen Vertragsgestaltung für IT-Dienstleister und Freiberufler folgen.