Am 6. Juli dieses Jahres wurde die Unternehmensteuerreform vom Bundesrat verabschiedet. Sie tritt am 1.1.2008 in Kraft, einzelne Regelungen gelten aber bereits ab 2007. Im Zuge der Internationalisierung sah sich der deutsche Gesetzgeber veranlasst, die Ertragsteuer für Kapitalgesellschaften zu senken. Damit auch Personenunternehmen nicht leer ausgehen, versuchte man auch hier steuersenkende Maßnahmen unterzubringen.
Der Versuch einer Entlastung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist jedoch als gescheitert anzusehen. Zum einen, weil etliche Steuererhöhungen zur Gegenfinanzierung der Steuerausfälle beschlossen wurden, zum anderen, weil neue Verschärfungen für die KMU hinzu kommen.
Der geteilte Steuersatz
Ab 2008 beträgt der Körperschaftsteuersatz für Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) 15% statt bisher 25%. Unter Berücksichtigung der Gewerbesteuer ergibt sich damit für Kapitalgesellschaften eine steuerliche Belastung von 29,83% gegenüber 38,65% bisher.
Einzelunternehmer und Personengesellschafter, wie die GbR, oHG oder KG- Gesellschafter, können auf Antrag ihre einbehaltenen Gewinne mit einem besonderen Einkommensteuersatz von 28,25% zuzüglich Soli versteuern. Der begünstigte Steuersatz für nicht entnommene Gewinne gilt jedoch nur für Bilanzierer. Damit entfällt diese Möglichkeit für die „Einnahmen- Überschussrechner“. Das trifft nahezu alle Freiberufler.
Allerdings ist hier gleich anzumerken, dass eine Nachversteuerung stattfindet, wenn die zunächst einbehaltenen und begünstigt besteuerten Gewinne nachträglich dann doch entnommen werden. Im Klartext: Wenn der bilanzierende Einzelunternehmer irgendwann später den Gewinn aus den Vorjahren entnimmt, findet eine zusätzliche Nachversteuerung statt.
Freiberufler sind nicht dasselbe wie Kapitalgesellschaften
Es ist eine Illusion, dass der bilanzierende Einzelunternehmer / Freiberufler steuerlich mit den Kapitalgesellschaften gleichgestellt wird, weil ja mindestens die Einkommensteuer entnommen werden muss und er ja auch für seinen Lebensunterhalt Entnahmen tätigen muss.
Beispiel:
Diplom-Informatiker Albert ist bilanzierender Freiberufler. Sein Einkommensteuersatz beträgt 35%, er ist Kirchensteuerzahler. Im Jahr 2008 erzielt er einen Gewinn in Höhe von 200.- EUR. Davon entnimmt er 100.- EUR sofort für Einkommensteuerzahlungen und Lebensführung. Im Jahr 2009 erzielt er keinen Gewinn. Er entnimmt daher in 2009 den restlichen Gewinnanteil aus 2008 in Höhe von 100.- EUR.
Steuerliche Folgen:
Stellt Albert den Antrag auf die begünstigte Besteuerung für den in 2008 nicht entnommenen Gewinnanteil, so zahlt er insgesamt einschliesslich Nachversteuerung im Jahr 2010, 92,51 EUR (46,25% von 200.- EUR Gewinn) Einkommensteuer, Soli und Kirchensteuer.
Würde er die sofortige Vollversteuerung in 2008 (wie nach bisherigem Recht) wählen, so müsste er nur 80,15 EUR (40,08% von 200.- EUR Gewinn) Steuern zahlen.
Albert stellt als Freiberufler fest: Nicht jede komplizierte Neuregelung ist auch günstiger.
Hinzu kommt noch: Die volle Entnahme von Gewinnen und deren Anlage auf dem Kapitalmarkt ist durch die 25%ige Abgeltungssteuer (bei Zuführung von Fremdkapital in den Betrieb) vorteilhafter.
Ansparrücklage gem. § 7g EStG
Die bisherige Ansparrücklage geht von einem vernünftigen Gedanken aus: Der Unternehmer soll nicht Steuern zum Finanzamt tragen und damit seine Liquidität schmälern, die er für zeitnahe künftige Investitionen braucht. Er konnte daher für in den Jahren 2002 und 2003 geplante Investitionen bereits im Jahr 2001 eine gewinnmindernde Rücklage in Höhe von 40% der voraussichtlichen Anschaffungskosten bilden.
Zudem war diese Rücklage bisher ein hervorragendes Instrument um Gewinnschwankungen auszugleichen und damit Progressionssprünge in einzelnen Jahren zu verhindern.
Diese Ansparrücklage heißt nach neuem Recht Investitionsabzugsbetrag und wird Freiberuflern, sofern sie ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, nur noch bis zu einem Jahresgewinn in Höhe von 100.000 Euro gewährt. Sind mehrere Freiberufler in einer Personengesellschaft, z.B. in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zusammengeschlossen, dann gilt diese Gewinngrenze für den Gewinn der Gesellschaft. Damit wird auch für kleine und mittelgroße Gewinne dieser sinnvolle Liquiditätserhalt versagt. Der gut verdienende Freiberufler oder GbR- Gesellschafter wird somit erst einmal seine volle Einkommensteuer bezahlen und sich dann fragen, wo er das Geld für anstehende Investitionen hernimmt. Viele Freiberufler werden sich dann genau überlegen müssen, ob mit der dann notwendigen Fremdfinanzierung die geplante Investition noch lohnend ist.
Die Bilanzierung als Lösung?
Nun könnte der Freiberufler ja von der Einnahmen-Überschussrechung gem. § 4 Abs. 3 EStG zur Bilanzierung gem. § 4 EStG wechseln. Dieses Wahlrecht steht ihm immer zu. Allerdings ist das mit einigen Nachteilen verbunden:
- Ab Bilanzierungsbeginn gilt das Prinzip der „periodengerechten Erfolgsermittlung“, d.h. nicht mehr die Zahlung ist maßgebend für die Frage, wann ein Ertrag vorliegt, sondern bereits die Ausführung / Fertigstellung der Leistung.
- Im Jahr der Umstellung ist daher ein Abgleich zwischen den beiden Gewinnermittlungssystemen durchzuführen, der vereinfacht dazu führt, dass z.B. die noch nicht vereinnahmten Kundenforderungen sofort den Gewinn erhöhen, also sofort nachversteuert werden und Einkommensteuer auslösen.
- Alle künftigen Leistungen zählen bereits bei Fertigstellung zu den Erträgen, auch wenn der Kunde diese noch nicht bezahlt hat. Das kann bei Freiberuflern, die lange Zahlungsziele gewähren oder faule Kunden haben, schnell zur Existenzbedrohung werden. Das Finanzamt fordert dann schon die Einkommensteuer auf Erträge, die der Freiberufler noch gar nicht vereinnahmt hat.
- Es entfällt die Möglichkeit, z.B. am Jahresende durch gezielte Zahlungen den Gewinn des ablaufenden Jahres noch zu beeinflussen.
Lediglich bei der Umsatzsteuer kann es beim bisherigen Ablauf bleiben, d.h. diese ist auch bei Bilanzierung erst nach Zahlungseingang an das Finanzamt abzuführen. Das sieht § 20 Abs. 1 Ziff. 3 UStG für Freiberufler ausdrücklich vor. Die Verbuchung dieser sogenannten „Ist-Versteuerung“ erfordert lediglich einen erhöhten Abstimmungsaufwand.
Fazit:
Die Unternehmensteuerreform bringt für Kapitalgesellschaften einige Entlastungen mit. Für Personengesellschaften und besonders für Freiberufler ist die Unternehmensteuerreform allerdings eine zusätzliche steuerliche Belastung. Ein Wechsel von der Einnahmen-Überschussrechnung zur Bilanzierung wird sich in den meisten Fällen nicht rechnen.
Tipp:
Da der Investitonsabzugsbetrag neuen Rechts bereits ab dem Jahr 2007 gilt, sollten Freiberufler bei der Erstellung der Einnahmen-Überschussrechnung für 2006 über die Nutzung der Ansparrücklage nachdenken. Für viele Freiberufler wird es die letzte Möglichkeit sein, diese Option zu nutzen.