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Freude oder Resignation – was bringt Windows 8?

Einige Ankündigungen rund um Windows Phone 8 und Windows 8 hat Microsoft unlängst in die Öffentlichkeit gebracht – im Kern mal mehr, mal weniger gutes Marketing. Von einem umfassenden Bild der künftigen Produkte allerdings kann noch keine Rede sein. Zu viele wichtige Informationen für Unternehmen, die sie einsetzen wollen, fehlen noch. Davon ausgehend, dass Windows 8 im Oktober auf den Markt kommen soll, ist die Zeit der Vorbereitung und Entscheidungsfindung schon bedenklich kurz.

Nachfolgend Informationen zu den wichtigsten bekannten Punkten und eine Kommentierung dazu. Zwei kurze erklärende, bewertende und argumentierende Abrisse geben einen Überblick. Abriss 1 macht sich den Blickwinkel des unbekümmerten Schönsehers zu eigen, in Abriss 2 kommt der Effizienz orientierte Skeptiker zu Wort. Auf diese Weise sollen mögliche gegensätzliche Wahrnehmungen deutlich werden.

Abriss 1: Der unbekümmerte Schönseher sagt: „Haben wollen“

Microsoft hat mit einem Paukenschlag der gesamten IT-Branche gezeigt, was der Konzern zu leisten imstande ist. Dabei hat das Unternehmen alles richtig gemacht. Mit eigener Hardware für Windows 8, den kommenden Stern am Betriebssystem-Himmel, schafft Microsoft ein entsprechendes Umfeld, das den Fähigkeiten und dem Grundgedanken der neuen Produktgeneration entgegen kommt. Die „Surface“ getaufte Produktreihe kombiniert erstmalig das hauseigene Betriebssystem mit selbstentwickelter Hardware. Software und Hardware inklusive Design kommen aus einer Hand. Dass Microsoft die Kompetenzen hierzu hat, hat der Konzern in den vergangenen Jahren durch die erfolgreiche Positionierung der Xbox360 umfassend bewiesen.

Die zwei Varianten von Surface unterscheiden sich deutlich in Ausstattung und Zielmarkt. So wird es ein Surface-Tablet geben, das auf Windows RT als Grundlage setzt. Windows RT wiederum ist eine Windows-8-Edition für ARM-basierte Tablets. Dieses Tablet wiegt 676 Gramm und ist nur ganze 9,3 Millimeter dünn. USB-Port, Micro-HD-Video-Ausgang und microSD zählen ebenso zu den Highlights wie die Office-Applikationen der kommenden Generation (Office 15 Apps) und unterschiedliche Touch Cover. Die Touch Cover sind Tastaturen, die magnetisch mit dem Tablet verbunden werden.

Touch und digitale Tinte

Die zweite Variante des Surface-Tablets arbeitet mit Windows 8 Pro als Betriebssystem und läuft mit einem x86-Prozessor von Intel. USB 3.0 und Mini DisplayPort Video gehören zu zentralen Features. In dieser Variante verfügt Surface über zwei Digitizer statt wie die meisten Tablets nur über einen einzigen: einen für Touch, einen für digitale Tinte. Das Dreigestirn Touch, Tastatur und Pen versetzt den Anwender in die Lage, seinen individuellen Anforderungen und Wünschen an Interaktion mit einem IT-System gerecht zu werden.

Den etablierten OEMs hat Microsoft damit gezeigt, wie sich durch Ingenieurskunst und visionäre Stärke differenzierende Produkte schaffen lassen. Die etablierten Vermarkter von Hardware, die nicht nur regelmäßig die Assemblierung durch Dritte organisieren, sondern auch immer häufiger Forschung und Entwicklung auslagern, haben es auf der Computex versäumt, differenzierende und wirklich neue Ideen zu präsentieren. Einerseits unterwarfen sie sich dem durch Intel initiierten Ultrabook-Trend, auf der anderen Seite präsentierten sie austauschbare Tablet-Klone.

Die OEMs sollten sich bewusst sein: Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit. Ist die Produktdifferenzierung – wie im Markt der iPad-Klone – gering, orientieren sich die Kunden an immateriellen Entscheidungskriterien wie Vertrauen und Glaubwürdigkeit. Eine Vielzahl der OEMs kann hier nicht punkten.

Innovativ und cool

Microsoft ist deshalb einen richtigen und wichtigen Schritt gegangen und hat für Privatanwender wie Anwenderunternehmen ein Zeichen in Sachen Innovationskraft und Coolness-Faktor gesetzt. Es ist damit gelungen, die Aufmerksamkeit und das Interesse auf sich zu ziehen und mit Innovationen zu punkten.

Surface bietet Privatanwendern und Entscheidern in Unternehmen ein durchdachtes Konzept aus Hardware und Software, das die jeweiligen Wünsche und Bedürfnisse durch Applikationen umfassend erfüllen kann.

Aber der US-Riese punktete in der vergangen Woche nicht nur mit Surface. Auch für die kommende Generation des Betriebssystems für Smartphones hat Microsoft Antworten parat. Windows Phone 8 überzeugt über eine abermals verbesserte Bedienerschnittstelle durch eine noch flexiblere Nutzung der interaktiven Kacheln. Damit differenziert es sich weiterhin stark vom Android- und iPhone-Einerlei. Die Abkehr vom CE-Kernel führt zu einer weiteren Annäherung an andere Windows-Formfaktoren und damit an ein noch konsistenteres Bedienerlebnis.

Abriss 2: Der Effizienz orientierte Skeptiker sagt: „Viel Lärm um wenig“

Surface soll etwas ganz Neues sein. Angesprochen werden mit den unterschiedlichen Geräten der Surface-Reihe Privatanwender wie professionelle Nutzer in Unternehmen. Die Profi-Variante läuft mit Windows 8 Pro. Diese Edition der kommenden Betriebssystemgeneration unterstützt ein vereinfachtes PC-Management, Verschlüsselung oder auch Virtualisierungs-Optionen. Klassische Geschäftsanwendungen oder umfassende Bildbearbeitungslösungen können genauso genutzt werden wie moderne „Apps“.
In diesem Zusammenhang verweist Microsoft auf seine Tradition als Hersteller von Hardware. Wer erinnert sich nicht an den Zune-Player oder an die Mobiltelefonfamilie von Microsoft mit Namen Kin.

Zwar sind die Anstrengungen und der Erfolg hinsichtlich der Xbox durchaus Achtung gebietend. Dennoch gilt: Microsoft war noch nie besonders gut darin, überzeugende Hardware-Produkte zu schaffen. Das Unternehmen hatte in den Achtzigern einfach nur das Glück, Erster in einem explodierenden Markt zu sein (Personal Computer auf Basis von IBM-Hardware). Es hat jedoch immer ausgezeichnet verstanden, die Software von der Plattform abhängig zu machen und umgekehrt.

Sinnkrise bei den OEMs

Richtigerweise wurde inzwischen erkannt: Die sich in einer Sinnkrise befindenden OEMs sind nicht in der Lage beziehungsweise nicht gewillt, adäquate Produkte im Bereich der Tablets und Crossovers für Windows 8 auf den Markt zu bringen. Und da eine Krise schlecht für das Karma ist, hat Microsoft gehandelt. Eine kurzfristige Sistierung der Zusammenarbeit durch die OEMs ist nicht zu erwarten. Zu schwach ist gegenwärtig ihre Rolle, zu abhängig sind sie (noch) von Microsoft als Lieferant von Betriebssystemen.

Ungeachtet dessen müssen sich die OEMs in Bezug auf Surface keine großen Sorgen machen. Egal mit welchen tatsächlichen Ausprägungen (Preise, Akku-Laufzeiten etc.) Surface zu welchem Zeitpunkt auf den Markt kommen wird – es wird sich bei dieser Produktfamilie kurzfristig sicherlich nicht um einen „Gassenhauer“ handeln. Privatanwender werden dem Tablet kritisch gegenüberstehen, da es zwei zentrale „Fehler“ hat: Es steht Microsoft drauf, und es ist Windows drin. Anwenderunternehmen werden zögerlich reagieren, da die Summe an respektablen Alternativen umfassend ist.

Kurz: Microsoft zeigt mit Surface, was mit Windows 8 möglich ist und wo die Reise hingehen kann. Nicht mehr und nicht weniger. Allerdings: Wirklich große Innovationen oder gar Meilensteine sehen anders aus. Surface ist vielmehr ein Marketinginstrument für Windows. Und ein solches Instrument ist richtig und wichtig. Es wurde aber versäumt, ein wirklich neues – anderes – Bedienkonzept einzuführen. Freude wird Resignation weichen.

Fazit:

Microsoft hat bei der Ankündigung viel erzählt und dennoch wenig gesagt. Privatanwender, Entscheider in Unternehmen und Multiplikatoren wie Journalisten, Blogger und Analysten bekommen derart viele Informationen zu unterschiedlichsten Themen, dass ihnen (zunächst) gar nicht auffällt, was ihnen an Information vorenthalten wird. Bezogen auf Surface fehlen zu wichtigen Punkten wie Laufzeit der Akkus, Verkaufsstart oder Preispunkte der unterschiedlichen Varianten belastbare Informationen. Aussagen, dass die Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen auf den Markt kommen werden, reichen vor allem Entscheidern in Anwenderunternehmen nicht. Privatanwender könnten sich für die Integration in andere Produkte wie die Xbox 360 interessieren. Bei Windows 8 fehlen – so kurz vor der Markteinführung – noch wichtige technische und organisatorische Informationen. Gleiches gilt – abgeschwächt, da weniger relevant – für Windows Phone 8. Die wirklich wichtigen Informationen werden in den nächsten Wochen folgen.

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