Die Pflege ist eine Branche, in der menschliche Zusammenarbeit, Mitgefühl und Aufmerksamkeit eine große Bedeutung haben. Auch wenn diese persönlichen Werte unerlässlich sind, ist die Pflegebranche in ihrer täglichen Arbeit auf Computerunterstützung angewiesen. In Zeiten von Pflegenotstand, fest getakteten Plänen und Routen bildet die EDV die Schaltzentrale der sozialen Leistungen. Bricht das System zusammen, befindet sich der Pflegedienst in kürzester Zeit im Chaos. Der verantwortliche IT-Dienstleister wird dann beispielsweise für Wiederherstellungskosten des Systems und Überstunden der Pflegedienst-Mitarbeiter zur Verantwortung gezogen.
Der Artikel zeigt am Schadenfall eines Pflegedienstes, wie schnell auf einen IT-Dienstleister hohe Schadenersatzforderungen zukommen können und worauf Freiberufler bei einer guten Berufshaftpflicht achten sollten.
EDV streikt und blockiert Pflegedienst
Über 35.000 Euro hat der Serverausfall den Pflegedienst gekostet: Doch wie kam es zu der hohen Summe, für die am Ende der IT-Dienstleister geradestehen sollte?
Ein Serverausfall an sich ist bereits eine unangenehme Sache, doch beim Fall des Pflegeunternehmens kamen gleich mehrere unglückliche Umstände zusammen. Nicht nur, dass einer der Server streikte, die Datensicherung des SQL-Servers hatte seit einigen Wochen ebenfalls nicht funktioniert.
Der IT-Dienstleister hatte zwar eine automatische Datensicherung eingerichtet, doch in den Fehlerprotokollen übersah er den Hinweis, dass die Sicherungsroutinen nicht korrekt liefen.
Datenrettungsfirma muss helfen
Alle Versuche des IT-Experten den Server wieder zum Laufen zu bringen und das Backup einzuspielen scheiterten. Damit waren wesentliche Betriebsdaten für die Einsatzsteuerung, die Personalverwaltung, die Patientenverwaltung und die Buchhaltung nicht mehr zugänglich.
Nach mehreren Tagen intensiver Arbeit und trotz der Anmietung eines weiteren Servers, blieben die Rettungsversuche erfolglos und der Druck auf den IT-Dienstleister stieg mit jedem Ausfalltag. Als letzter Ausweg wurde schließlich eine Datenrettungsfirma beauftragt.
Mit höchster Priorität sollte diese die verlorengegangenen Daten wiederherstellen. Auch für die Spezialisten war die Datenrekonstruktion eine Herausforderung: Ein komplettes Wochenende wurde mit Hochdruck daran gearbeitet.
Nach insgesamt acht Tagen war die Rettungsaktion abgeschlossen und die Systeme für den Pflegedienst wieder nutzbar.
Hohe Kosten durch Systemausfall
Eine Datenwiederherstellung mit Express-Zuschlag ist nicht gerade günstig, hinzu kamen in diesem Fall die Kosten für die Pflegedienst-Mitarbeiter, die nach der Systemwiederherstellung die aktuellen Daten nachpflegen mussten, Kosten für einen externen Abrechnungsservice sowie für die Anmietung eines Ersatzservers. Der Aufwand nach dem Systemcrash hätte mit einer korrekten Datensicherung nur einen Bruchteil betragen. Hätte, wäre wenn…
Da der IT-Dienstleister als Verantwortlicher für die Datensicherung den Backupfehler nicht erkannt hatte, wurde er vom Pflegedienst zur Verantwortung gezogen. Eine Schadenersatzforderung von mehr als 35.000 Euro –Und all das nur, weil im Fehlerprotokoll etwas übersehen wurde.
Die richtige Absicherung bei IT-Fehlern
Deshalb ist es wichtig, sich durch eine gute Berufshaftpflicht für IT-Dienstleister, häufig IT-Haftpflicht genannt, vor den finanziellen Folgen solcher Fehler zu schützen. Eine gute IT-Haftpflicht sichert vor allem Vermögensschäden, d.h. den finanziellen Schaden des Auftraggebers ab.
Die mehr als 35.000 Euro Schadenersatzforderung aus dem beschriebenen Fall wurden vom Versicherer des IT-Dienstleisters übernommen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten, dass die IT-Haftpflicht auch den Ersatz vergeblicher Aufwendungen, entgangenen Gewinn und Leistungsverzögerungen abdeckt.
Vergebliche Aufwendungen entstehen dem Geschädigten z.B. wenn Mitarbeiter bezahlt werden müssen, die jedoch aufgrund eines Systemausfalls nicht produktiv arbeiten können. Neben den vergeblichen Aufwendungen kann auch ein Gewinnausfall entstehen, wenn wie im beschriebenen Fall nicht alle Pflegetermine wahrgenommen und damit abgerechnet werden können.
Da nicht jeder Versicherer für dieses Bereiche umfassenden Versicherungsschutz bietet, lohnt sich ein Blick in die Versicherungsbedingungen, insbesondere in die Versicherungsausschlüsse. Um dies zu veranschaulichen, hierzu ein Beispiel für eine negative Klausel:
„Nicht versichert sind (…)
- Ansprüche, auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen im Vertrauen ordnungsgemäßer Vertragserfüllung;
- auf Ersatz von Vermögensschäden wegen Verzögerung der Leistung
Dies gilt auch dann, wenn es sich um gesetzliche Ansprüche handelt.“
Und um an dieser Stelle auch mit einem weit verbreiteten Irrtum aufzuräumen: Die IT-Haftpflicht bietet unabhängig davon Schutz, ob der Vermögensschaden leicht- oder grob fahrlässig verursacht wurde. Das ist insbesondere wichtig, da sich durch die Verwendung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (kurz AGB) die Haftung für grob fahrlässig verursachte Fehler i.d.R. nicht ausschließen lässt.
Hier finden Sie eine übersichtliche Checkliste von Ralph Günther mit den neun wichtigsten Kriterien, die eine gute Berufshaftpflicht für IT-Freiberufler (IT-Haftpflicht) erfüllen sollte.