Freiberufler, insbesondere in technisch orientierten Bereichen wie der IT, müssen neben der Technik ein zweites genauso wichtiges Tool nutzen: die Kommunikation. Sehr oft geht es nicht nur um die Aufgabenerledigung, sondern es „menschelt“. Es treten Konflikte auf, die nicht vorhersehbar sind, Spannungen, Interessensgegensätze. Viele haben dann die Illusion, dass es auch ohne ginge. Aber genau das Gegenteil ist wahr: Arbeitsbeziehungen funktionieren nicht, weil sie störungsfrei laufen, sondern weil Störungen angesprochen und überwunden werden.
Voraussetzung dafür ist es, eigene Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen und angemessen zu kommunizieren. Oft allerdings drücken Menschen ihre Wünsche ungeschickt aus und beim anderen kommen Vorwürfe und Verurteilungen an.
Störungen ansprechen – Aber wie?
Ein Beispiel:
Emma: „Nie hilfst du mir“
Victor: „Aber ich mache doch schon so viel!“
Emma: „Du kriegst auch gar nichts mit.“
Victor: „Nie kommt man zu was!“
In Arbeitsbeziehungen sind weniger – wie landläufig angenommen – Gegensätze oder Gemeinsamkeiten das Entscheidende, sondern die Art und Weise, wie sie mit Unterschieden umgehen. Beziehungskiller sind vier von John M. Gottmann (2000, „Die sieben Geheimnisse der glücklichen Ehe) als „apokalyptische Reiter“ bezeichnete und im privaten und beruflichen Alltag häufig zu beobachtende Verhaltensweisen – übertragen auf
das obige Beispiel:
- Kritik („Nie hilfst du mir“)
- Rechtfertigung („Aber ich mache doch schon so viel!“)
- Verachtung („Du kriegst auch gar nichts mit.“)
- Mauern („Nie kommt man zu was!“)
Stattdessen helfen zwei wichtige Maßnahmen, Konflikte zu lösen, zufriedener zu leben und den Kontakt zu pflegen:
I. Regelmäßig aufrichtige positive Worte finden
Neueste Untersuchen haben festgestellt, dass die gemeinsame Freude über gelungene Projekte (privat, beruflich) der wichtigste Faktor zum Zusammenhalt sind. Zentral für die Erhaltung einer befriedigenden Beziehung ist es, Freude, Wertschätzung, Anerkennung oder Dankbarkeit ausdrücken. Fragen Sie sich regelmäßig: Was schätze ich an meinem Kollegen/Kollegin? Wo bewundere ich sie/ihn? Worüber freue ich mich mit ihm/ihr? Wofür möchte ich mich bedanken? Wann möchte ich ihm/ihr das mitteilen?
II. Störungen ansprechen in vier Schritten
Wenn wir ärgerlich, genervt oder frustriert sind, so hängt das meistens damit zusammen, dass dahinter liegende Gefühle oder Bedürfnisse verletzt wurden oder ungesehen blieben. Deshalb ist es wichtig, einen konstruktiven Weg zu finden, Störungen anzusprechen. Wir betrachten unsere Art zu sprechen vielleicht nicht als „gewalttätig“ – und dennoch führen unsere Wort oft unbeabsichtigt bei anderen zu Verletzungen. Die Methodik der „Gewaltfreien Kommunikation“ (GFK) von Dr. Marshall B. Rosenberg (2003 4 , „Gewaltfreie Kommunikation“), einem international bekannten Konfliktmediator hilft, sich bewusster, ehrlicher und klarer auszudrücken. Dabei sind vier Schritte hilfreich:
1. Vorfälle beschreiben ohne Vorwürfe
Zuschreibungen und Werturteile führen meistens nicht dazu, dass wir erhalten, was wir brauchen, sondern enden negativ. Die Kunst besteht darin, möglichst konkret und klar Verhalten zu beschreiben.
2. Gefühle und Bedürfnisse mitteilen ohne Schuldzuweisung
Vor diesem Schritt ist es wichtig, sich darüber klar zu werden, dass wir selbst für unsere Gefühle und Bedürfnisse verantwortlich sind. Wir fühlen etwas, weil wir etwas brauchen, nicht weil der Andere etwas tut. Die Handlungen anderer können immer nur ein Auslöser für unsere Gefühle sein, die Ursache dafür sind unsere Bedürfnisse. Zu sagen, was wir brauchen, kostet nicht nur Überwindung, sondern setzt auch eine Innensicht und eine Bewusstheit über eigene Bedürfnisse voraus. Zum Anderen wird dadurch eine echte Verbindung hergestellt, denn menschliche Bedürfnisse ähneln sich überall auf der Welt und sind für das Gegenüber verstehbar.
3. Bitten klar äußern
Wenn wir uns etwas von einer anderen Person wünschen, so ist es wichtig, zwei Punkte im Auge zu behalten:
- Eine Bitte muss konkret, positiv und handlungsorientiert sein. Sie darf keine negativen oder „Abstellen“-Formulierungen enthalten.
- Welche Beweggründe wünschen wir uns beim Anderen, uns diese Bitte zu erfüllen? Wann immer andere Personen Dinge aus Pflichtgefühl, Scham, Schuld oder Angst für uns tun, müssen wir irgendwann einmal dafür zahlen.
4. Empathie zeigen
Oft liegt einem Ehestreit das Muster „Ich leide mehr als du“ zugrunde. Da fällt es schwer, erst einmal dem Anderen zuzuhören, der oft erst selbst loswerden muss, bevor er zuhören kann. Führen Sie sich dabei vor Augen: Der Andere kann Ihren „Schmerz“ erst wirklich hören, wenn er nicht glaubt, er hätte einen Fehler gemacht. Je mehr Sie Ihrem Konfliktpartner wirklich zuhören, desto eher wird er Sie hören.
In oben genannten Beispiel hätte Emma den Konflikt zusammengefasst auch z.B. folgendermaßen ansprechen können: „In der letzten Woche musste ich die Arbeit für dich mit machen, weil du krank warst (Beschreibung). Ich fühle mich erschöpft und brauche mehr Zeit, um meine eigene Arbeit aufzuarbeiten (Gefühl und Bedürfnis). Ich bräuchte dringend eine Hilfe beim Projekt xy (Bitte). (Wann) schaffst du das? Ich weiß, dass du jetzt selbst viel aufzuarbeiten hast. (Empathie).
Wenn Sie regelmäßig diese Methode üben und anwenden, können Sie Konflikte in Beziehungen als Chance nutzen, eine andere und tiefere Ebene zu finden.
Ein Kommentar
Aktuell bin ich als Schlichter in einer Zeitung, in der der Chef sehr bissig ist und total der Kommandant. Die Angestellen führen je 1,5 Stellen aus, haben aber nur 1 faches Gehalt. Wie kann man einem Geschäftsführer nach 30 Jahren Business gewaltlose Kommunikation beibringen?