Gastautor Ralph Günther, Gründer des Versicherungsportals exali, schildert die Geschichte der Markenrechtsverletzung – und erklärt, warum es im Schadenfall wichtig ist, den Makler bzw. Versicherer so früh wie möglich mit einzubeziehen.
„Doppelt gemoppelt“: Name des Sportclubs verletzt geschützte Wortmarke
Der ganze Fall: Für einen Sportclub hatte der IT-Freiberufler eine einfache Webseite erstellt – und sogar den Namen und das dazugehörige Logo erstellt. Da es sich um einen kleinen lokalen Sportclub mit geringem Budget handelte, hatte der Freiberufler keine aufwändige Markenrechtsrecherche betrieben – sondern lediglich bei der zuständigen IHK und bei einem öffentlich zugänglichen Register den neuen Namen online abgefragt.
Wie sich herausstellte, war das jedoch nicht genug. Denn bereits im Jahr 2006 ließ sich ein Fitness-Studio den Namen in einer leicht abgewandelten Schreibweise als Wortmarke schützen. Wegen der Verwechslungsgefahr der beiden Namen lag damit rechtlich eindeutig eine Wettbewerbsverletzung vor. Denn der einzige Unterscheid zwischen beiden Beschreibungen war, dass der IT Experte den durch zwei zusammengesetzte Worte bestehenden Namen durch ein englisches „and“ getrennt hatte – der Inhaber der Wortmarke hatte das kaufmännische „& Zeichen“ verwendet.
Ein paar Monate nachdem die Webseite mit dem neuen Firmennamen und Logo online ging, flatterte dem Sportclub Post vom Anwalt ins Haus. Der Inhalt des Schreibens: Eine Abmahnung, inklusive vorbereiteter Unterlassungserklärung (Anwaltsgebühren: ca. 900,00 Euro, Streitwert: 25.000,00 Euro).
Der Zeitpunkt, an dem sich der IT-Freiberufler einschaltete: Auf eigene Faust verhandelte er im Namen des Sportclubs mit dem Anwalt der gegnerischen Seite. Seinen Versicherungsmakler bzw. seinen IT-Haftpflichtversicherer informierte er jedoch nicht…
Unglückliche Verhandlungen: Kosten steigen auf das Doppelte
Doch leider war dieser Einsatz zu viel des Engagements: Indem sich der IT-Freiberufler in den Fall involvierte, ließ er den Anwalt der Gegenseite quasi für sich arbeiten. So wurde er am Ende namentlich in die überarbeitete Version der Unterlassungserklärung mit aufgenommen, in der ursprünglich nur der Sportclub stand.
Die teure Konsequenz: Aufgrund der zusätzlichen Aufwendungen des Anwalts (im Fachjargon „Einigungsgebühr“ genannt“) stiegt die originäre Abmahngebühr von 900,00 Euro auf rund 2.000,000 Euro an. Mit seinen eigenen (unglücklichen) Verhandlungen hatte der IT-Experte die Kosten kurzerhand verdoppelt.
Haftungssituation: Keine Markenrecherche geschuldet
Besonders ärgerlich: Auch wenn IT-Freiberufler prinzipiell für fehlerhafte Dienstleistungen von ihren Auftraggebern in Regress genommen werden können – in diesem speziellen Fall hätte der IT-Experte nicht haftbar gemacht werden können. Denn die Vergütung für seine Dienstleistung fiel mit unter 200,00 Euro so niedrig aus, dass der IT-Freiberufler dem Sportclub keine kostspielige markenrechtliche Prüfung schuldete. Somit hätte er gar nicht für die Markenrechtsverletzung in die Haftung genommen werden können.
Zu diesem Urteil gelangte übrigens auch das Kammergericht Berlin in einem ähnlichen gelagerten Fall. Im Februar 2011 ging es vor Gericht um ein Logo – und die Frage, wann eine Werbeagentur zu einer markenrechtlichen Prüfung verpflichtet ist.
Das Gericht entschied: Eine zeitintensive und teure Markenrecherche ist nicht geschuldet, wenn das vereinbarte Honorar für den Auftrag nicht kostendeckend ist. Damals ging es um einen Auftragswert von rund 770,000 Euro.
IT-Haftpflichtversicherung übernimmt ursprüngliche Abmahnkosten
Doch wie ging es im Fall des IT-Freiberuflers weiter? Nachdem er eine Rechnung von 2.000,00 Euro auf dem Tisch liegen hatte, meldete er sich bei seinem Versicherungsmakler – der wiederum die IT-Haftpflichtversicherung einschaltete.
Die IT-Haftpflichtversicherung sprang trotz seiner unbedachten Handlungen ein und übernahm die Kosten für den ursprünglichen Schaden, und damit die originären Abmahnkosten von 900,00 Euro (abzüglich der Selbstbeteiligung).
Die Kosten von mehr als 1.000,00 Euro für die unnötige Einigungsgebühr musste der IT-Freiberufler allerdings selbst tragen. Denn dabei handelte es sich nicht um einen Schadenersatz (der von der IT-Haftpflichtversicherung gedeckt ist), sondern um das Honorar für den eigenmächtig beauftragten Anwalt.
Kulanz: Sportclub darf geschützte Wortmarke weiterhin verwenden
Übrigens kam der IT-Freiberufler mit diesen Kosten noch relativ glimpflich davon. Der Anwalt der Gegenseite hatte sich sehr fair verhalten – wie die Erfahrung zeigt. So war der Streitwert für die Markenrechtsverletzung mit 25.000,00 Euro moderat angesetzt und hätte leicht auch bei 40.000,00 Euro liegen können.
Zudem hätte der Anwalt die Einigungsgebühr nicht nur dem IT-Freiberufler, sondern sogar noch einmal dem Sportclub verrechnen können, worauf er jedoch verzichtete.
So mancher „Abmahnanwalt“ auf der Jagd nach schnellem Geld, hätte aus dem Schadenfall einiges mehr an Profit machen können. Doch darum ging es der Gegenseite nicht, was auch deren großzügiges Zugeständnis zeigt: So durfte der Sportclub die geschützte Wortmarke nicht mehr für seine Webseite und als Domain verwenden, dafür erlaubte ihm der Markeninhaber, den geschützten Namen in einem Radius von 25 Kilometern von seinem Standort weiterhin für eigene Werbe-Zwecke zu nutzen.
IT-Haftpflichtversicherung für die Schadenabwehr
Der Fall zeigt: Verhandlungen auf eigene Faust können „nach hinten losgehen“ – und den eigentlichen Schaden noch verschlimmern. Es ist deshalb wichtig, die IT-Haftpflichtversicherung über den eigenen Makler oder auch direkt so früh wie möglich mit einzubeziehen. Auf keinen Fall sollte im Schadenfall in Eigenregie mit der Gegenseite verhandelt werden.
Die IT-Haftpflichtversicherung übernimmt die Schadenabwehr und die Schadenregulierung: Sie klärt auf ihre Kosten, ob der Freiberufler überhaupt in Haftung genommen werden kann (Schadenabwehr) – und zahlt für den tatsächlich entstandenen Schaden (Schadenregulierung).