Verstärkt fordern die Finanzverwaltungen den Nachweis des ingenieurmäßigen Vorgehens, als Bedingung für die Anerkennung von Informatikern als Freiberufler. Aber wie lässt sich diese Anforderung überhaupt beweisen? Der Sachverständige für Informatik Peter Brenner berichtet von den Erfahrungen der letzten Monate.
Informatiker sind häufig selbst unsicher, ob Sie überhaupt ingenieurmäßig und ingenieurvergleichbar tätig sind. Dann kommt die nächste Hürde: Diese Anforderung ist dann auch noch einem Finanzbeamten zu belegen, der in der Regel weder eine Informatikausbildung besitzt, noch über das erforderliche Wissen verfügt. Kann das überhaupt gelingen?
Was ist laut BFH eine klassische ingenieurmäßie Vorgehensweise?
In seinen Urteilen hat der BFH (Bundesfinanzhof), wie schon häufiger in der Vergangenheit, schwammige Definitionen vorgenommen. Damit bleibt es für die Finanzbeamten schwierig, die Einstufung eines Informatikers vorzunehmen. Weiterhin überwiegen subjektive Entscheidungswege.
Das erste Problem taucht auf, wenn eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu lokalisieren ist. Welche Kriterien sind anzuwenden? Woran ist eine solche Tätigkeit erkennbar? Der BFH sagt dazu lediglich, dass es die Aufgabe eines Ingenieurs ist, auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen. Vermittelt man einem EDV-Berater diese Definition, so antwortet er häufig: Meine Kunden bezahlen mich nicht für wissenschaftliche Ausarbeitungen, sondern für Problemlösungen. So mancher EDV-Berater erkennt auch nicht zwingend die wissenschaftliche Basis seiner Tätigkeit.
Hier einige der vielen möglichen Merkmale zur Erkennung einer ingenieurvergleichbaren Tätigkeit. Relevant ist dabei der Einsatz von:
- Vorgehensmodellen
- Phasenkonzepten
- Methoden und Verfahren
Trotz vorhandener akademischer und wissenschaftlicher Definitionen zum Begriff des Softwareengineerings, gilt z. B. das Projektmanagement als gewerblich, obwohl es eindeutig zur Planung gehört. Soviel zur Logik der neuen Rechtsprechung.
Wie ist eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu beweisen?
Als Beleg genügt es nicht dem Finanzamt zu erklären, dass eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit ausgeübt wird, sondern es ist der Beweis durch z. B. Referenzen und Arbeitsproben zu führen. Diese Arbeitsproben müssen zu erkennen geben, dass deren Verfasser der Steuerpflichtige selbst ist. Das kann ein Problem sein, denn oft werden Dokumente mit dem Namen des Projektes, der Abteilung oder des Teams signiert.
Es hilft nicht zu behaupten, Arbeitsproben seien aus Datenschutz- bzw. Kundenschutzgründen nicht vorhanden oder dürften nicht vorgelegt werden. Wenn die Beweisführung hier unvollständig ist, kommt es zu einer Ablehnung der Freiberuflichkeit. Richter und Finanzbeamte haben in diesem Fall keinerlei Wahl und verhindern dann auch eine eigentlich vielleicht berechtigte Einstufung als Freiberufler.
Hier einige der vielen möglichen Merkmale zur Erkennung einer klassischen ingenieurmäßigen Vorgehensweise laut BFH:
- Planung
- Konstruktion
- Überwachung der Fertigung
An diesen Parametern ist bereits erkennbar, wie schwierig es nach der reformierten BFH-Rechtsprechung für Finanzbeamte, Richter, Steuerberater und Rechtsanwälte sein dürfte das sogenannte Ingenieurmäßige und eine ingenieurvergleichbare Tätigkeit zu erkennen und zu bewerten. Dann hilft die Erstellung eines Gutachtens.
Muss zwingend Software entwickelt werden?
Verstärkt behaupten Finanzämter in den letzten Monaten, Software müsse zwingend neu entwickelt werden, um die Tätigkeit eines EDV-Beraters als freiberuflich anzuerkennen. Diese Meinung ist umstritten, zweifelhaft und falsch. Der BFH hat in seinen einschlägigen Urteilen nicht nur die neue Entwicklung von Software als freiberuflich definiert sondern auch die Beratung. EDV-Berater sollten sich nicht von derartigen Behauptungen abschrecken lassen.
Spielt die Ausbildung noch eine Rolle?
Die Ausbildung spielt in den letzten Monaten eine immer stärkere Rolle. Bisher war es für Finanzbeamte nahezu unmöglich, die Trennung zwischen Anwendungssoftware und Systemsoftware zu vollziehen. Wie denn auch, wenn bei ihnen selbst das ausgeprägte Informatikwissen nicht vorliegt. Diese Grenze gilt als aufgehoben und umso mehr gerät die Ausbildung in den Fokus der Finanzämter. Hier gibt es für Autodidakten nur eine Chance: Den Beweis des vorliegenden vergleichbaren Wissens, nicht nur mit Hilfe von Ausbildungsdokumenten zu führen, sondern durch eigene Praxiserfahrung (Literaturlisten, selbst durchgeführte Seminare, Seminare ohne Bescheinigungen, Training on the Job).
Wie verhalten sich die Finanzämter seit der neuen Rechtsprechung?
Weiterhin erfolgt die Einstufung von Informatikern subjektiv und auf den Einzelfall bezogen. Ein in der Praxis häufig vorkommendes Beispiel, ist der Fall eines meiner Klienten, den sein Finanzamt als gewerblich einstufen wollte. Sein Teamkollege war im selben Projekt wie er tätig und führte identische Aufgabenstellungen aus. Beide konnten als höchsten Schulabschluss die Mittlere Reife vorweisen und absolvierten später gemeinsam am gleichen Institut eine Ausbildung zum DV-Kaufmann. Das Pech meines Klienten war, dass für ihn ein anderes Finanzamt zuständig gewesen ist. Sein Kollege wurde relativ problemlos als Freiberufler akzeptiert, während dessen er selbst zur Zahlung von Gewerbesteuer aufgefordert wurde. In seinem Einspruch wehrte sich mein Klient dagegen und führte auch die Entscheidung des anderen Finanzamtes als Begründung an. In der Erwiderung teilte die Einspruchsstelle ihm mit, das beide Fälle nicht miteinander vergleichbar wären, da er insgesamt eine andere berufliche Laufbahn vorzuweisen hätte. Später erfolgte seine freiberufliche Anerkennung.
Fazit:
Die neue Rechtsprechung des BFH ändert nichts an der weiterhin subjektiven Einstufung der Informatiker durch die Finanzämter.
Eine überzeugende Beweisführung sichert den Freiberuflerstatus!
Die Feststellungslast für das Vorliegen einer freiberuflichen Tätigkeit trägt nach der Rechtsprechung des BFH der Steuerpflichtige. Mit einer methodisch ausgerichteten Beweisführung ist der Freiberuflerstatus erzielbar. Dann fallen neben der Gewerbesteuer, der IHK-Beitrag, die Beiträge zur Berufsgenossenschaft und die Kosten für eine doppelte Buchführung sowie der Bilanzerstellung weg. Das spart neben Geld auch Zeit. Kommt es zu einer rückwirkenden Einstufung als Freiberufler, ist es zusätzlich möglich die IHK-Beiträge erstattet zu bekommen. Es lohnt sich deshalb auf jeden Fall den Freiberuflerstatus anzustreben. Die Erfolgsaussichten sind bei einer stringent methodischen Darstellung als hoch zu bezeichnen! Suchen Sie sich gegebenenfalls einen professionellen Ratgeber und denken Sie auch an die sinnvolle Erstellung eines Gutachtens durch einen fachkundigen Sachverständigen.
Leseraktion
Herr Brenner steht den Lesern des SOLCOM-Newsletters für ein kostenloses Telefonat zur Verfügung. Dabei erfolgt in einem zeitlichen Rahmen von ca. 20 Minuten die Prüfung der Aussichten für eine Anerkennung als Freiberufler unter dem Aspekt der erforderlichen ingenieurvergleichbaren Vorgehensweise und die Festlegung der erforderlichen Schritte beim Finanzamt.