Eine lange To-Do-Liste, unbeantwortete E-Mails, die sich im Postfach sammeln oder eine Anfrage, zu der kurzfristig etwas recherchiert werden muss – und was ist Ihre Reaktion? Nur nochmal eben eine WhatsApp Nachricht beantworten, weil Sie es sonst ja vergessen könnten, vielleicht noch eine Tasse Kaffee machen oder die Waschmaschine anstellen, bevor Sie sich in die Arbeit stürzen? Das geht vielen Freiberuflern genauso. Schließlich ist ein Grund Ihrer Selbständigkeit sicherlich, der dass Sie sich Ihre Zeit selbst einteilen können.
Warum wir Aufgaben aufschieben
Gerade deshalb ist es wichtig, dass Sie sich bewusst machen, warum Sie dazu tendieren gewissen Aufgaben aufzuschieben. Das leidliche Phänomen, die Arbeit auf einen späteren Zeitpunkt zu schieben, ist als Prokrastination bekannt. Doch handelt es sich bei der Aufschieberitis wirklich um Faulheit? Arbeitspsychologin Mag. Veronika Jakl weiß, dass die Gründe fürs Prokrastinieren ganz verschiedene Ursprünge haben. Diese reichen von organisatorischen Gründen über Unklarheit in der Zielsetzung bis hin zu einem zu hohen Arbeitsvolumen, Als andere Ursachen, die zum Aufschieben der vor Ihnen liegenden Aufgaben führen kann, sind laut der Expertin für psychologische Belastung, persönliche Gründe. Man traut sich die Aufgabe nicht zu oder ist gar nicht motiviert, die Aufgabe überhaupt zu erledigen.
Was die Expertin weiß, spiegelt sich auch in einer Umfrage des Büromittellieferanten Viking zum Thema Prokrastination wieder. Ein Viertel der Befragten (25,8 Prozent) gaben an, zu prokrastinieren, weil die zu erledigende Aufgabe ihnen unangenehm ist. Interessanterweise gaben Frauen an, eher dazu tendieren, Tätigkeiten aufzuschieben, weil sie sich vom Arbeitspensum überwältig fühlen und Männer hingegen nannten Langeweile als Hauptgrund.
Struktur im Arbeitsalltag gegen Prokrastination
Systematisches Vorgehen ist also angebracht. Das bedeutet, dass Sie sich selbst disziplinieren müssen indem Sie echte Arbeitsatmosphäre schaffen. Das gelingt am ehesten, wenn Sie einen Arbeitsplatz haben. Das kann das Arbeitszimmer in Ihrer Wohnung sein oder ein Schreibtisch im Coworking Office. Cafés sind zwar unter Freiberuflern sehr beliebte Arbeitsstätten, jedoch sind sie ein Klassiker, wenn es darum geht, sich leicht ablenken zu lassen. Heben Sie sich das Café als Belohnung für die Mittagspause auf, die Sie für einen festen Zeitpunkt einplanen, denn jede Ablenkung kostet Sie im Anschluss mindestens 10 Minuten, um sich wieder in Ihre Aufgabe rein zu finden.
Versuchen Sie sich selbst als Ihren eigenen Angestellten zu behandeln. Natürlich können Sie sich so Ihre Arbeitszeiten immer noch frei einteilen und auf den Morgen verlegen, wenn Sie wissen, dann produktiver arbeiten zu können oder aber auf den Abend, wenn Sie kein Morgenmensch sind. Wichtig ist nur die Regelmäßigkeit und Struktur. Das hat auch den weiteren Bonuspunkt, dass Ihnen Ihr Partner und Ihre Freunde dankbar sein werden. Denn so können auch diese zuverlässig(er) mit Ihnen planen und fragen nicht, ob sie Zeit für eine Kaffeepause zwischendurch haben, nur weil sie in der Gegend sind oder gerade einen Tag frei haben.
Nehmen Sie nicht jeden Auftrag an – auch wenn er noch so lukrativ erscheint oder auch potentiell Ihre Bekanntheit in der Branche erhöhen könnte. Durchdenken Sie diesen und hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Haben Sie gar keine Lust für diesen Kunden zu arbeiten oder sind sich recht unsicher, ob Sie das Projekt überhaupt stemmen können, ist es besser, wenn Sie die Finger davonlassen. Denn sonst begeben Sie sich direkt in die Prokrastinations-Falle. Ihre Zeit ist kostbar – nutzen Sie sie bewusst.
Auch To-Do-Listen anlegen hilft ungemein, um strukturiert arbeiten zu können. Dazu könnten Sie mit zwei verschiedenen arbeiten: einer groben Liste für die Woche oder den Monat und einer, in der Sie mehr auf einzelne Arbeitsschritte eingehen.
Gerade wenn Ihre Wahl auf das Homeoffice gefallen ist und Sie keinen Schreibtisch oder gar ein ganzes Büro angemietet haben, ist Selbstmotivation und Selbstdisziplin extrem wichtig. Denn die heimische Umgebung macht es noch viel einfacher, die Arbeiten, die dem Broterwerb dienen, aufzuschieben. Natürlich ist es wichtig, dass die Wohnung aufgeräumt und sauber ist, doch rufen Sie sich stets in Erinnerung, dass Ihnen dafür niemand Geld zahlt. Personen, im Angestelltenverhältnis müssen die häuslichen Pflichten auch nach der Arbeit erledigen.
Doch wie motiviert man sich, der Prokrastinations-Falle zu entkommen? Manchmal ist sie einfach da, die Langeweile oder die Unlust gerade in diesem Moment etwas zu tun. Hören Sie auf Ihre innere Stimme. Sie wird Ihnen verraten wieso dieses Motivationstief aufgekommen ist. Arbeitspsychologin Jakl weiß dazu: „Manchmal heißt das, sich auch einzugestehen, dass man bestimmte Aufgaben nicht gerne macht, weil sie nicht zum „Kern-Job“ gehören. Dann muss ich überlegen, ob ich das irgendwie delegieren oder loswerden kann.“. Gerade das Delegieren unangenehmer Aufgaben ist für Freiberufler jedoch oft schwierig. Für diesen Fall rät Jakl folgende Alternative um sich selbst zu überlisten: „Wenn das [delegieren]nicht möglich ist, weil ich zum Beispiel einen unangenehmen Anruf machen muss, dann schließe ich einen Pakt mit mir selbst und gönne mir nach Erledigung beispielsweise eine leckere Schokolade.“.