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„Rain Man“ oder „Renovierer“ – Entscheidertypen im IT-Channel

Entscheider im IT-Channel stellen sich den Herausforderungen des Marktes auf unterschiedlichen Wegen – abhängig von ihrer Persönlichkeit. Im Wesentlichen gibt es die „Rain Men“ – sie neigen dazu, in ihrer Welt zu verharren –, die „Renovierer“, die Innovationen in der Regel nahe am Bedarf vorantreiben, und die „bauchgefühlgetriebenen Innovierer“, die das Geschäftsmodell am liebsten ungestüm umkrempeln. Als IT-Freelancer ist es hilfreich, sich über den Typus des Auftraggebers im Klaren zu sein.

Schmelzende Umsätze

Ob der Reseller um die Ecke, der Distributor oder der Independent Software Vendor (ISV), ob der System Integrator, der Value-added Reseller (VAR) oder der spezialisierte Lizenzhändler – der gesamte IT-Channel steht vor enormen Herausforderungen. Bis spätestens 2014 wird sich das gesamte System nachhaltig verändern, die bereits erodierenden Erträge und Umsätze der klassischen Aktivitäten in diesem Bereich werden noch weiter schmelzen.

Ausschlaggebend hierfür sind im Kern zwei grundsätzliche Strömungen: Einerseits der von der IT-Industrie ausgehende technologische Druck neuer, beziehungsweise angepasster Bereitstellungsmodelle wie Cloud Computing, andererseits die überwiegend durch die Nachfrager verstärkte Strömung der „Consumerization of IT“.

Die Entscheider beziehungsweise Unternehmen im IT-Channel stellen sich den Herausforderungen auf unterschiedlichen Wegen. Grundsätzlich lassen sich drei Verhaltensmuster erkennen:

Das Rain-Man-Syndrom

Entscheider, die der Gruppe mit dem „Rain-Man-Syndrom“ zuzuordnen sind, lassen sich durch die aufziehenden Veränderungen schlicht nicht beeindrucken. Sie leben in ihrer eigenen Welt, ignorieren durch den ihnen eigenen Informationsverarbeitungs-Modus die immer deutlicher werdenden Vorzeichen kommender Veränderungen und konzentrieren sich auf ihre Stärken. Kurzfristig fahren sie mit diesem Vorgehen in der Regel gut. Ihr Tagesgeschäft ist weder dramatisch schlecht noch außerordentlich gut, es ist (noch) solide.

Zur Gruppe der „Renovierer“ zählen häufig Spitzenunternehmen, die in jeder Größenklasse oder Wertschöpfungsstufe anzutreffen sind. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass sie bestehende Geschäftsfelder und Kompetenzen erweitern und ausbauen, eine bedarfsgerechte und kompetenzkonforme Diversifizierung vornehmen und Veränderungen marktkonform dosieren.

Die „bauchgefühlgetriebenen Innovierer“ lassen sich typischerweise als emotions- und impulsgetrieben, bisweilen chaotisch und obsessiv charakterisieren. Sie verzichten auf Kontinuität ebenso wie auf strukturierte und reflektierte Veränderungsprozesse. Ihre interne Selbstbindung im spieltheoretischen Sinne ist zwar hoch, ihre Glaubwürdigkeit jedoch gering.

Innovative Obsessionen

Die „bauchgefühlgetriebenen Innovierer“ verlassen sich oft auf externe Treiber und Innovationen im Portfolio. Sie versuchen, ihr Unternehmen durch die Ausrichtung auf zukunftsweisende Produkte und Technologien zu beleben. Dieser Ansatz zur Positionierung und Vermarktung ist häufig fragwürdig.

Die Entscheider in diesen Unternehmen können beispielsweise an der Umstellung von Servicekonzepten und deren Monetarisierung scheitern – etwa bei der Umstellung von Geschäftsmodellen, die ausschließlich auf „Time & Materials“-Leistungen (T&A) ausgerichtet sind, hin zu einem Modell, das Projektumsätze, T&A und das Servicegeschäft einbezieht. Oder bei der Erweiterung von Leistungen bei fehlenden personellen Ressourcen.

Risikobereitschaft kanalisieren

Innovationen und Risikobereitschaft sind selbstverständlich die Grundlage für dauerhaften Erfolg. Sie müssen jedoch kanalisiert werden. So sollten beispielsweise Effizienzgewinne höhere Priorität genießen als pure Innovation. Hinzu kommt, dass sich Unternehmen in sich wandelnden Märkten nicht nur auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren sollten. Vielmehr sollte auch die Kernessenz des Unternehmens – respektive der eigenen Marke – Beachtung finden.

Während es bei den Kernkompetenzen im Wesentlichen um die Faktoren Wissen, Erfahrung, Ressourcen und Menschen geht, beschreibt die Kernessenz die Beziehung zwischen dem eigenen Unternehmen, beziehungsweise der eigenen Marke zu Kunden, Interessenten, Mitarbeitern und der Umwelt. Sie definiert, wofür das Unternehmen oder die Marke steht, und damit auch, wohin sich das Unternehmen insbesondere kurzfristig entwickeln kann. Dabei steht immer die Schaffung neuer Werte für das eigene Unternehmen, die Kunden sowie die Gesellschaft im Vordergrund.

Die Frage ist, ob Wachstum und Innovationen horizontal oder vertikal vorangetrieben werden sollen. Zwar gibt es kein Patentrezept, allerdings ist in der Regel einer vertikalen Diversifikation der Vorzug zu geben. Eine solche Ausrichtung an der Wertschöpfungskette fördert die Kontinuität in der Entwicklung von Kernkompetenzen und Kernessenz.

Auf eine Ausrichtung in Bereiche, die in keinem technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem bestehenden Leistungsportfolio stehen, sollte komplett verzichtet werden.

Was bleibt?

Letztendlich muss sich jeder Entscheider auf sein Urteilsvermögen und die eigene Intuition verlassen. Ungeachtet dessen gilt: Vor umfassenden Innovationsmaßnahmen sollte die eigene Organisation grundsätzlich „renoviert“ werden. Dies bezieht sich sowohl auf Prozesse als auch auf Strukturen, besonders jedoch auf Denkmuster. Eine Anpassung – also eine „Renovierung“ – der Denkmuster ist ausschlaggebend für den nachhaltigen Erfolg in dynamischen und herausfordernden Märkten. Hierzu zählt auch eine veränderte Betrachtung und Bewertung des Wettbewerbs.

 

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