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Rentenversicherungspflicht: Eine Zwischenbilanz

I. Rentenversicherungspflicht oder nicht?

Die Frage, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen ein Selbständiger rentenversicherungspflichtig ist, bleibt ein dauerndes Ärgernis für alle potentiell Betroffenen. Dies liegt vor allem daran, dass es nach wie vor keine klare Auslegung der gesetzlichen Kriterien gibt.

Hinzu kommt, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRB) einer sehr restriktiven Interpretation anhängt, während die Sozialgerichte eine erheblich großzügigere Haltung einnehmen und zudem andere rechtliche Maßstäbe anlegen. Das jüngste Urteil hierzu (Sozialgericht Düsseldorf vom 01.03.2007; dazu mehr unter IV.) macht dies erneut deutlich.

II. Das Problem Rentenversicherungspflicht ist mehr denn je aktuell!

Das Problem Rentenversicherungspflicht hat sich im Übrigen auch nicht durch die Abschaffung der Kriterien zur Scheinselbständigkeit im Jahr 2003 erledigt. Ganz im Gegenteil: Gerade weil die DRB für den Beweis der Scheinselbständigkeit nunmehr wieder hohe Hürden überwinden muss, konzentriert sie sich auf die Rentenversicherungspflicht. Hier hat sie – zumindest auf dem Papier – erheblich bessere Chancen, neue Beitragszahler zu generieren, um die Löcher der Rentenversicherung zu stopfen.

III. Die bisherige Rechtsprechung

Bereits in der Vergangenheit haben die Urteile des Sozialgerichts Aachen vom 26.03.2004, des Sozialgerichts Itzehoe vom 20.01.2006 und des Sozialgericht München vom 24.03.2006 gezeigt, dass Selbständige auch trotz langjähriger Tätigkeit für nur einen Auftraggeber als nicht rentenversicherungspflichtig eingestuft werden können. Der von diesen Sozialgerichten angelegte Beurteilungsmaßstab ist dabei – im Gegensatz zu dem der Deutsche Rentenversicherung Bund – nicht die pauschale Betrachtung der reinen Zeitdauer eines Vertragsverhältnisses, sondern die Frage, ob sich der Selbständige unternehmerisch verhalten hat. Dies bedeutet konkret, dass der Selbständige geschäftliche Kontakte aufbaut bzw. pflegt und sich um andere Aufträge bemüht bzw. längerfristig anbahnt.

Alle Urteile haben den gleichen Tenor: Die langjährige Tätigkeit eines Selbständigen für nur einen Auftraggeber alleine führt nicht quasi „automatisch“ zur Rentenversicherungspflicht. Und dies gelte im Übrigen insbesondere für den IT Bereich, in dem es branchentypisch sei, dem Selbständigen komplexe Aufgaben zu übertragen, die dessen gesamte Arbeitskraft über einen längeren Zeitraum binden.

So stellt das Sozialgericht Aachen beispielsweise fest, dass es letztlich entscheidend auf das Unternehmenskonzept des Selbständigen, die Zusammenarbeit mit mehreren Auftraggebern anzustreben, ankomme. Konkret schrieb das Sozialgericht Aachen der DRB u.a. ins Stammbuch, dass die gesetzliche Regelung „auf den Kopf gestellt würde, wenn gerade dann, wenn der Betroffene einen besonders lukrativen und umfangreichen Auftrag erhält, er der gesetzlichen Rentenversicherung unterliegt, während er in Zeiten, in denen er mehrere kleine Aufträge, die sich nebeneinander erledigen lassen, bearbeitet, er dieser Versicherungspflicht nicht unterliegt“.

Und weiter heißt es im Urteil: „Wenn die Spitzenorganisationen der Sozialversicherung in dem gemeinsamen Rundschreiben ausführen, dass bei einer im Voraus begrenzten, lediglich vorübergehenden Tätigkeit für einen Auftraggeber nur dann keine Dauerhaftigkeit dieser Tätigkeit vorliegt, wenn die Begrenzung innerhalb eines Jahres liegt, fehlt dem die gesetzliche Grundlage“.

IV. Das neue Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf

Das aktuelle Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 01.03.2007 bestätigt diese Rechtsprechung. Auch hier war der Selbständige über mehrere Jahre nur für einen Auftraggeber tätig. Das Sozialgericht Düsseldorf bewerte die unternehmerische Ausrichtung des Klägers auf die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber als entscheidungserheblich und wies auch darauf hin, dass gerade branchenspezifische Aspekte – auch der dortige Kläger war im IT-Bereich tätig – besonders zu berücksichtigen seien, wenn diese zu längeren Vertragslaufzeiten führten.

V. Fazit und Empfehlung

Alle Entscheidungen zeigen, dass sich die DRB mit ihrer Interpretation der gesetzlichen Regelung zur Rentenversicherungspflicht Selbständiger auf rechtlich ziemlich dünnem Eis bewegt.

Daher sollte jeder Selbständige, der sich konkreten Forderungen oder auch nur einer scheinbar harmlosen Anfrage der DRB ausgesetzt sieht, seine rechtliche Situation von einem in diesem Bereich erfahrenen Rechtsanwalt prüfen lassen. Da die DRB für maximal 4 Jahre rückwirkend Beiträge verlangen kann, was einem Betrag von über 20.000 € allein für die Vergangenheit entspricht, könnte sich dies lohnen. © Dr. Grunewald

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