Die Aufbewahrungspflicht ist Bestandteil der steuer- und handelsrechtlichen Buchführungs- und Aufzeichnungspflicht. Folglich ist derjenige, der nach Steuer- oder Handelsrecht buchführungspflichtig ist, auch verpflichtet, Bücher und Aufzeichnungen aufzubewahren. Wer dies nicht beachtet, sei es auch nur, wenn die Unterlagen vor Ablauf der Aufbewahrungspflicht vernichtet werden, macht sich womöglich strafbar oder riskiert empfindliche Bußgelder. Daneben drohen auch überhöhte Schätzungen im Besteuerungsverfahren. Demgegenüber besteht aus Kostengründen ein Interesse an einer möglichst raschen Vernichtung der Geschäftsunterlagen.
Für wen gilt die Aufbewahrungspflicht?
Der Aufbewahrungspflichten unterliegen nach §§ 257, 261 HGB Kaufleute, also in erster Linie neben dem Inhaber eines Einzelunternehmens auch Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften. Die steuerlichen Aufbewahrungspflichten nach § 147 i. V. m. §§ 140 ff AO treffen darüber hinaus alle nicht im Handelsregister eingetragenen land- und fortwirtschaftlichen Betriebe, sonstige Gewerbetreibende und Freiberuflicher. Die steuerliche Buchführungspflicht hingegen trifft nur Gewerbetreibende mit einem Umsatz von mehr als 500.000 EUR oder die ab. 1. Januar 2008 einen Gewinn von mehr als 50.000 EUR (vorher 30.000 EUR) erwirtschaften.
Unterlagen aus dem privaten Bereich, insbesondere Kontoauszüge, mit denen beispielsweise Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen belegt werden, unterlieden grundsätzlich nicht der Aufbewahrungspflicht. Etwas anderes kann sich ergeben bei den sog. Überschusseinkünften, bei denen dem Steuerpflichtigen im Rahmen der Darlegungs- und Nachweispflicht zugemutet wird, Sachverhalte, die einen sich wiederholenden Werbungskostenabzug begründen, für die Dauer des Abzugszeitraums nachweisbar festzuhalten.
Daneben ist der Empfänger einer steuerpflichtigen Werklieferung oder steuerpflichtigen sonstigen Leistung in Zusammenhang mit einem Grundstück (also eine Privatperson!) nach § 14b Abs. 1 Satz 5 UStG, der der Bekämpfung der Schwarzarbeit dienen soll, verpflichtet, die Rechnung, einen Zahlungsbeleg oder eine andere beweiskräftige Unterlage aufzubewahren.
Was ist aufzubewahren?
Gemäß § 257 Abs. 1 HGB bzw. § 147 Abs. 1 AO:
- Bücher und Aufzeichnungen, Inventare, Jahresabschlüsse, Lageberichte, die Eröffnungsbilanz sowie die zu ihrem Verständnis erforderlichen Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen
- die empfangenen Handels- und Geschäftsbriefe
- Wiedergaben der abgesandten Handels- und Geschäftsbriefe
- Buchungsbelege
- Unterlagen, die einer mit Mitteln der Datenverarbeitung abgegebenen Zollanmeldung nach Artikel 77 Abs. 1 i. V. m. Art. 62 Abs. 2 Zollkodex beizufügen sind, sofern die Zollbehörden nach Art. 77 Abs. 2 Satz 1 Zollkodex auf ihre Vorlage verzichtet oder sie nach erfolgter Verlage zurückgegeben haben.
Schließlich nur aus steuerrechtlichen Gründen sind sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, zusätzlich aufzubewahren.
Wie lange ist aufzubewahren?
§ 257 Abs. 4 HGB und § 147 Abs. 3 AO bestimmen, wie lange Buchführungsunterlagen jeweils aufzubewahren sind. Hinsichtlich der Mindestzeiträume für die Aufbewahrungspflicht der Bücher und sonstigen Buchführungsunterlagen gelten steuerrechtlich grundsätzlich dieselben Fristen wie im Handelsrecht:
- zehn Jahre für Bücher und Aufzeichnungen, Inventare und Bilanzen, Jahresabschlüsse, Lageberichte, Buchungsbelege, Arbeitsanleitungen und Organisationsunterlagen, Doppel der (Ausgangs-) Rechnungen, die der Unternehmer oder ein Dritter in seinem Namen für seine Rechnung ausgestellt hat, (Eingangs-) Rechnungen, die der Unternehmer erhalten oder die ein Leistungsempfänger oder in dessen Namen und für dessen Rechnung ein Dritter ausgestellt hat
- sechs Jahre für Lohnkonten sowie für empfangene Handels- oder Geschäftsbriefe, Wiedergabe der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe
- zwei Jahre für Rechnungen, Zahlungsbelege oder andere beweiskräftige Unterlagen, soweit der Leistungsempfänger nicht Unternehmer ist oder aber als Unternehmer die Leistung für seinen nichtunternehmerischen Bereich verwendet
Soweit nach handelsrechtlichen oder steuerlichen Vorschriften zu führende Bücher und sonst erforderliche Aufzeichnungen auf Datenträgern geführt werden bzw. auf Datenträgern aufbewahrt werden, müssen die gespeicherten Dokumente während der gesamten Aufbewahrungsfrist jederzeit unverzüglich lesbar gemacht und maschinell ausgewertet werden können.
Wann beginnt die Frist zu laufen?
Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem
- die letzte Eintragung in das Buch gemacht worden ist,
- das Inventar, die Eröffnungsbilanz, der Jahresabschluss oder der Lagebericht aufgestellt wurde bzw. festgestellt worden ist,
- der Handels- oder Geschäftsbriefen empfangen bzw. abgesandt worden ist
- der Buchungsbeleg entstanden ist,
- Aufzeichnungen vorgenommen oder die sonstigen Unterlagen entstanden sind,
- die Rechnung oder ein vergleichbarer Beleg ausgestellt worden ist,
- die zuletzt eingetragene Lohnzahlung erfolgt ist,
- für die Verfahrensdokumentation buchhaltungsrelevante Daten in Anwendung des jeweiligen Verfahrens erfasst wurden, entstanden sind oder bearbeitet wurden.
Beispiel:
Der Jahresabschluss für 1997 wurde im Herbst 1998 erstellt. Unter Berücksichtigung der 10-jährigen Aufbewahrungspflicht muss diese bis zum Ablauf des Jahres 2008 vorgehalten werden. Die Vernichtung des Jahresabschlusses ist, sofern keine Ablaufhemmung greift, ab dem 01.01.2009 möglich.
Kann der Ablauf einer Frist gehemmt sein?
Die steuerliche Aufbewahrungsfrist läuft nicht ab, soweit und solange die Unterlagen für Steuern von Bedeutung sind, für welche die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die Aufbewahrungsfrist ist damit an die Festsetzungsfrist für Steuern geknüpft.
In welcher Form hat die Aufbewahrung zu erfolgen?
Grundsätzlich sind die Unterlagen sinnvoll geordnet aufzubewahren: chronologisch, sachlich, alphabetisch u.ä.. Die Art der Aufbewahrung muss gewährleisten, dass ein sachverständiger Dritter sich ohne größeren Zeitaufwand in den Unterlagen zurechtfinden kann.
Mit Ausnahme der Jahresabschlüsse, der Eröffnungsbilanzen und bestimmter Unterlagen, die einer Zollanmeldung beizufügen sind, können die Aufzeichnungen auch auf Datenträgern aufbewahrt werden. Das bedeutet, dass insbesondere die Eröffnungsbilanz und die Jahresabschlüsse stets schriftlich und im Original vorhanden sein müssen.
Welche Sanktionen sind möglich?
Wer aufbewahrungspflichtige Unterlagen nicht aufbewahrt oder zu früh vernichtet, hat in etwaigen Zivilprozessen mit Nachteilen zu rechnen, weil er entsprechenden Beweis nicht führen kann. Das Strafrecht sieht in 283 Abs. 1 Nr. 5 und 6 StGB für den Bankrott eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Daneben sanktioniert § 283b StGB die Verletzung der Buchführungspflicht mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe.
Aus steuerrechtlicher Sicht führt eine Verletzung der Aufbewahrungspflicht womöglich dazu, dass die Buchführung als nicht ordnungsgemäß angesehen wird und das Finanzamt deshalb zu einer Schätzung gem. § 162 AO berechtigt ist. Die „Bestrafung“ des Unternehmers liegt darin, dass das Finanzamt womöglich überhöhte Schätzungen vornimmt.
Bei Verstoß gegen Bestimmungen des Umsatzsteuerrechts werden Bußgelder bis zu 5.000 EUR angedroht. Und gegen Privatpersonen können Bußgelder von bis zu 500 EUR verhängt werden, wenn diese erhaltene Rechnung oder entsprechende Zahlungsbelege nicht aufbewahren.
Welche Unterlagen können Sie ab dem 1. Januar 2008 vernichten?
Dokumente aus dem Jahre 1997 und älter, die einer Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren unterliegen, können ab 01. Januar 2008 getrost vernichtet werden. Gleiches gilt für Dokumente aus dem Jahr 2001 und älter, wenn diese nur der sechsjährigen Aufbewahrungspflicht unterliegen.