Auch zu Beginn des Jahres 2009 bleibt die gesamtwirtschaftliche Lage weiter angespannt und der Wettbewerb ist größer denn je. Experten zufolge wird sich auch der IT-Projektmarkt davon nicht entscheidend abkoppeln können. Doch welche Schlüsse sollten IT-Berater aus diesen Prognosen ziehen?
Wir haben den Vorstand des Berufsverbandes Selbständige in der Informatik (BVSI) Dr. Dirk Bisping im Interview mit dem SOLCOM Online Magazin gefragt, wie IT-Freiberufler nun handeln sollten und wie sie Ihre Chancen auf neue Projekte am besten nutzen.
SOLCOM: „Herr Dr. Bisping, die Wirtschaftskrise ist bei vielen IT-Freiberuflern noch nicht wirklich angekommen. Doch wer jetzt sein laufendes Projekt abschließt und ein neues sucht, muss sich bei einer Bewerbung mit vielen Wettbewerbern messen. Worauf sollten
IT-Experten nun Wert legen?“
Dr. Bisping: „In der derzeitigen Situation haben die Kunden die Wahl. IT-Freiberuflern wird möglicherweise abgesagt, weil ihr Profil unzureichend dargestellt ist. Manchmal hingegen gibt es wirklich fachliche Schwächen, die der Freiberufler durch Weiterbildung ausgleichen kann. In den meisten Fällen jedoch kommuniziert der Bewerber seine Stärken nicht optimal. Häufig liegt eine Absage zurzeit aber auch einfach daran, dass die Budgets für die IT-Abteilungen eingefroren wurden. “
SOLCOM: „Wie kann ein Berater nach einer Absage sein Profil dahingehend überprüfen?“
Dr. Bisping: „Entscheidend ist, dass der Berater zunächst weiß, dass der Entscheider aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen, die derzeit bei Kunden oder Projektvermittlern eintreffen, nur sehr wenig Zeit für eine Bewerbung hat.
Das bedeutet, dass der Bewerber die Schlagwörter nutzen sollte, auf die ein Kunde Wert legt. Zudem sollte der Berater unwichtige Informationen aussparen, wie etwa die Auflistung überalteter Skills.“
SOLCOM: „Spielt das Alter eines Bewerbers eine Rolle?“
Dr. Bisping: „Kurz gesagt: Ja. Dennoch gibt es natürlich Unterschiede. Ein sehr junges Team, wie man es etwa häufig bei Internet-Themen oder generell in der Telekommunikation findet, würde eher einen jungen Berater einstellen. Das hat natürlich Team-interne Gründe, kann aber auch darauf zurückzuführen sein, dass man älteren Beratern nicht dieselben Skills zutraut wie jüngeren. In klassischen Branchen (Fertigungs- oder Automotive-Industrie) sieht es auf diesem Gebiet gänzlich anders aus: Ältere Berater haben hier meist das bessere Standing, da hier häufig Teammitglieder mit Erfahrung gesucht werden.“
SOLCOM: „Wie kann man sein Alter positiv darstellen?“
Dr. Bisping: „Die langjährige Erfahrung kann ein großer Vorteil gegenüber jüngeren Mitbewerbern sein, insbesondere dann, wenn der Freiberufler über Branchenkenntnisse verfügt. Zudem wird älteren Beratern in der Regel eine höhere soziale Kompetenz zugetraut.“
SOLCOM: „Bedeutet soziale Kompetenz, dass ältere Bewerber sich besser in Teams integrieren können?“
Dr. Bisping: „Mehr noch. Ältere Bewerber, die überwiegend entwickeln, sollten sich ab einem gewissen Alter überlegen, ihr Profil stärker in Richtung Projektführung, Teamleitung, Analyse, Qualitätssicherung oder Konzeption zu erweitern. Für den einen oder anderen könnte auch der Schritt in eine Gutachtertätigkeit der richtige sein.“
SOLCOM: „Sollte man sein Profil entscheidend überarbeiten?“
Dr. Bisping: „Wer zurzeit nicht im Projekt tätig ist, sollte Zeit investieren, um sein Profil im Detail zu beleuchten. Leider kommuniziert kaum ein Entscheider dem IT-Freiberufler, dass er zu alt für die Entwicklung oder warum er nicht passend für das Team sei. Oder dass seine Kompetenzen in seinem Profil schlecht dargestellt sind. Die Gründe für das Scheitern einer Bewerbung sind daher oftmals nicht gleich nachvollziehbar. Darum gilt es jedoch selbst bereits im Vorfeld mögliche Gründe für Misserfolge auszuschließen. In jedem Fall sollte man die Wartezeit zwischen zwei Projekten für ein fachliches Update und eine optimale Gestaltung des Profils nutzen. Die klare Herausstellung der eigenen Kernkompetenzen ist dabei entscheidend. Dazu bietet unter anderem auch der BVSI einige Möglichkeiten an.“
SOLCOM: Herr Dr. Bisping, wir bedanken uns für dieses Gespräch.