Der einfache Weg zum Zeitmanagement hat doch noch nie geklappt: Man lese ein Buch, wende die Empfehlungen an und schon ist alles bestens. Leider nicht! Beispielsweise kann man einen genauen Tagesplan darüber erstellen, an welchem Projekt man in welchen Stunden arbeiten möchte. Einen solchen Plan habe ich noch nie eingehalten.
Was beim Zeitmanagement zu beachten ist
Einige ganz grundlegende Schwierigkeiten werden von den üblichen Methoden beim Zeitmanagement nicht gelöst:
- Aufwände vorab zu schätzen scheitert am Optimismus. Ein Korrekturfaktor von zwei bis vier ist üblich.
- Dutzende von Kleinstaufgaben à 2 Minuten lohnen die Planung nicht.
- Das Unvorhergesehene ist meist dringender als das Geplante, beispielsweise Serverabstürze, Fragen des Kunden oder von Kollegen. Arbeitsunterbrechungen gibt es gerade bei Teamarbeit und in der Freiberuflichkeit, wo man nicht nur produziert, sondern gleichzeitig auch die Schnittstelle zum Kunden ist.
- Es gibt immer mehr Arbeit als man schaffen kann. Man kann daher abends immer unzufrieden sein über das viele, das man heute nicht erledigt hat.
- Alles was auf der Liste steht, ist zu erledigen. Oft ist es das wirklich. Tatsächliche Überlast entsteht durch den Ausfall von Teamkollegen oder zu optimistische Aufwandsschätzungen. Anders als oft empfohlen kann man nicht einfach Aufgaben nicht erledigen. Oder will es nicht.
- Jedes Arbeitsumfeld ist anders, und oft sogar jeder Arbeitstag. Ich unterscheide zwischen „Besprechungstagen“, wo ich zwischen den Besprechungen gerade mal Zeit für die E-Mails finde, aber an produktive Arbeit nicht zu denken ist. Dann wieder die „Home Office Tage“, an denen ich produktiv arbeite. Viele Tage sind gemischt, bei denen ich zwischen dem morgendlichen Telefonat und der Telefonkonferenz am späten Nachmittag konzentriert arbeiten kann, oder auf einen Reisehalbtag ein halber Tag Home Office folgt.
- Arbeitszufriedenheit und Stress empfindet jeder anders. Wenn das Ziel des Zeitmanagements darin besteht, sich glücklich zu fühlen, müssen ganz individuelle Kriterien erfüllt werden.
Anwendungstipps
Der Weg zum optimalen Zeitmanagement führt daher nur über einen individuellen Lernprozess. Im Verlauf dieses Lernprozesses wird klar:
- Welche Kriterien muss ich im Verlauf des Tages erfüllen, um mich abends zufrieden zu fühlen?
- Wie viel Zeit brauche ich tatsächlich für häufig wiederkehrende Aufgaben? Zeitaufschriebe helfen dabei, realistisch zu schätzen.
- Wie kann ich flexibel planen? Jeder Tag wird nur grob geplant, mehr als vier oder fünf Aufgaben sollte man sich nicht vornehmen. Dazu gehören auch Pauschalkategorien wie „2 Stunden für Unvorhergesehenes und Kleinstaufgaben“. Unverzichtbar ist eine klare Priorisierung, die auch die Bearbeitungsreihenfolge vorgibt. Wenn man morgens mit der wichtigsten Aufgabe beginnt, hat man trotz aller Widrigkeiten abends das Wichtigste geschafft. Priorisierungskriterien können Dringlichkeit und Stundensatz sein. Ehrenämter bleiben dann notfalls liegen bis sie dringend werden.
- Was lässt sich ändern? Hat man chronisch mehr Arbeit als man schaffen kann, sollte man mittelfristig Projekte abgeben oder aufgeben. Oder sich ganz bewusst dafür entscheiden, bewusst regelmäßig viel zu arbeiten, weil die gesteckten Ziele nicht in einer 40-Stunden-Woche erreichbar sind.
Im Verlauf des Lernprozesses muss man zunächst viel planen, aufschreiben und auswerten, um Unbewusstes bewusst zu machen. Mit der Zeit geht dann fast alles in Routine über und das Zeitmanagement ist kein Thema mehr oder dient nur noch gelegentlich zur Kurskorrektur.