Sicher geht es Ihnen in der aktuellen Situation als Freiberufler auch ähnlich – Sie befinden sich täglich in einer Videokonferenz nach der anderen. Vielleicht sprechen Sie auch als SpeakerIn im Live-Stream eines Online Summits oder leiten dieses sogar als Moderatorin oder Moderator?
Verschiedene Tools unterstützen Sie dabei, aber was können Sie selbst tun, damit Ihre Message optimal auch durch die Laptop-Kamera an Ihre Zielgruppe gelangt? In den folgenden 7 1/2 Tipps finden Sie die Antwort.
Als Moderatorin stehe ich regelmäßig vor der Kamera und beschäftige mich daher schon lange intensiv damit, wie wir dabei auf andere wirken. Außerdem gebe ich dieses Wissen in Vorträgen und Einzeltrainings zum Thema Auftreten und Präsentieren weiter.
Viel Spaß beim Lesen, Lernen und Umsetzen!
1. Kleidung
So gemütlich der wuschelige Kuschelpulli und die Jogginghose auch sein mögen, bei einer Videokonferenz im geschäftlichen Bereich haben diese nichts verloren. Kleiden Sie sich so wie auch für’s Büro oder ein analoges Meeting. Sie werden meistens vor der Kamera stehen (oder auch sitzen – dazu mehr im nächsten Tipp) und hier gelten einige Besonderheiten: Tragen Sie neutrale Kleidung, die nicht vom inhaltlichen ablenkt. Genau wie im Fernsehen gilt es, keine kleinkarierten oder stark gemusterten Oberteile zu tragen. Kameras mögen das nicht (der professionelle Ausdruck hier lautet Interferenzbildung) und ein flackerndes Bild lenkt andere TeilnehmerInnen von Ihrem Inhalt ab. Für Frauen gilt es zudem, auf einen großen Ausschnitt oder nackte Schultern zu verzichten. Das Tragen von klimperndem Schmuck kann außerdem sehr störend sein. Auch eventuelle Ohrringe sollten auf die Wahl des Kopfhörers abgestimmt sein (mehr dazu in Tipp 4).
2. Sitzen oder Stehen?
Bei einem Videocall mit KollegInnen oder GeschäftspartnerInnen sitzen Sie am Besten auf einem Stuhl. Vermeiden Sie es auf der Couch zu lümmeln und den Laptop auf den Knien abzustellen. Nehmen Sie sich für die Zeit der Webkonferenz am besten einen stabilen, nicht drehenden Stuhl, ohne zu hohe Lehne. Soll heißen: Ein klassischer Bürostuhl mit Rollen verführt Sie dazu hin und her zu drehen und die hohe dunkle Lehne hinter Ihnen wirkt… wie soll ich es ausdrücken… etwas bedrohlich.
Seit einiger Zeit werden immer mehr Konferenzen digital durchgeführt. Die TeilnehmerInnen schalten sich in einen virtuellen Raum und verfolgen die Inhalte über ihren Bildschirm, ohne selbst gesehen oder gehört zu werden. Wenn Sie SpeakerIn oder ModeratorIn eines solchen Summits sind, dann liegt die komplette Aufmerksamkeit auf Ihrem Bild. Ich persönlich rate dazu den Vortrag im Stehen zu halten. Genau wie bei realen Keynotes wirken Sie so souveräner, fühlen sich selbstsicherer und können mit Ihren Händen gestikulieren (schauen Sie dazu in Tipp 6). Ich höre schon Ihre Einwände! “Das passt nicht!”. “Die anderen sitzen doch auch.” “Ich kann doch nicht die ganze Zeit stehen.” Ja, Sie haben vielleicht Recht, aber bei manchen Themen und Vorträgen kann ein stehend gehaltener Vortrag wirklich sehr förderlich sein. So zum Beispiel bei einem Coaching zu Stimme und Körperhaltung. Hier machen Sie vielleicht Übungen mit Ihren TeilnehmerInnen und müssen sich bewegen. Sie haben es selbst in der Hand. Nur weil alle anderen sitzen, können Sie ja stehen. So bleiben Sie definitiv in Erinnerung.
3. Hintergrund
Wie oft haben Sie sich bei Videocalls mit Kollegen im Homeoffice schon versucht vorzustellen, wie wohl der Raum, in dem er oder sie gerade sitzt wohl aussieht? Oder waren abgelenkt von den Familienbildern oder den Büchern im Regal hinter Ihrem Gesprächspartner? Vielleicht lief auch eine süße Katze durchs Bild oder der Partner? Na, erwischt?! Ich bin mir sicher fast jeder und jede von Ihnen hat solche oder ähnliche Situationen bereits erlebt. Um professionell zu wirken, sollten Sie also bei der Wahl des Raumes auf den Hintergrund achten. Am besten eine neutrale Wand mit ausgewählten Bildern, die nicht ablenken. Wenn Sie eine Konferenz organisieren oder moderieren, dann hängen doch das Logo oder ein Plakat von der Konferenz hinter sich.
Das Licht spielt natürlich ebenso eine große Rolle. Achten Sie auf eine gute Ausleuchtung, am besten befindet sich das Fenster vor Ihnen oder leicht seitlich. Abends schalten Sie möglichst viele Lichter an, natürlich ohne das Bild zu überstrahlen.
4. Kamera & Ton
In Zeiten von Instagram-Stories und FaceTime wissen die meisten von Ihnen wie das Smartphone am besten ausgerichtet wird, damit das Gesicht möglichst schmeichelhaft wirkt. Trotzdem kennen wir Videokonferenzen, bei denen die Kamera des Gesprächspartners weit unterhalb des Gesichts steht und damit mehr Kinn als alles andere zu sehen ist. Bei professionellen Online-Meetings müssen wir das vermeiden, weil wir überzeugen wollen.
Wenn Sie keine externe Webcam habt, sondern die integrierte des Laptops nutzen, dann bauen Sie sich ein paar Bücher darunter, damit die Kamera mittig auf Augenhöhe positioniert ist. Am besten mit etwa einer Armlänge Abstand. Versuchen Sie möglichst wenig auf Ihr eigenes Bild zu schauen, sondern lieber direkt in die Kamera oder in die Mitte des Bildschirms.
Vor allem zuhause kann es passieren, dass viele Nebengeräusche entstehen. Der Partner hantiert in der Küche, Kinder rufen im Hintergrund oder der Hund bellt. Versuchen Sie möglichst allein in einem abschließbaren Raum zu sein. Wenn dies nicht gelingt sprechen Sie kurz mit Ihren Lieben zuhause, dass ein wichtiger Call ansteht. Moderne Technik kann Umgebungsgeräuschen weitestgehend ausblenden. Nutzt gerne Kopfhörer für eine bessere Soundqualität. Allerdings empfehle ich, bei einem Online Summit kabellose In-Ear-Hörer zu nutzen. So wirken Sie natürlicher, also wie bei einer realen Konferenz. Sie können aufstehen und sind nicht an den Laptop “angehängt”. Stellen Sie den Ton nicht zu laut und nicht zu leise, sonst könnte ein nerviges Echo bei den anderen Teilnehmern entstehen.
5. Sprechen & Stimme
…was mich automatisch zum Thema Sprechen bringt…Nur weil ihr Sie sich nicht persönlich gegenüber sitzen, gibt es keinen Grund lauter oder leiser in die Kamera zu sprechen. Sprechen Sie ganz normal und fragen Sie notfalls nach, ob Sie gut zu verstehen sind.
Ihre Stimme ist genauso wie Ihr Körper ein wichtiges Instrument, um Ihre Themen und Inhalte überzeugend nach außen zu tragen. Sie drückt aus wie Sie sich gerade fühlen. Wenn ich den ganzen Tag zuhause im Home Office arbeite und plötzlich einen wichtigen Anruf habe, dann bereite ich mich blitzschnell darauf vor, damit die Stimme wach, überzeugend und stark klingt. Das geht in Sekundenschnelle: Sie atmen durch den Mund aus und lassen dabei die Lippen flattern. Wie ein schnaubendes Pferd. Dann kreisen Sie Ihre Zunge innerhalb des Mundes in alle Ecken. Noch ein paar Grimassen schneiden, um die Gesichtszüge zu locker und dann gähnen Sie in aller Genüsslichkeit. Das öffnet den Rachenraum.
Aber Vorsicht: die Kamera sollte dabei noch ausgeschaltet sein! 🙂 Um kurz vor dem Sprechen Ihre natürliche Stimmlage zu finden und gerade bei eventueller Nervosität in der für Sie richtigen Tonlage (die sog. Indifferenzlage) zu sprechen, stellen Sie sich ihr Lieblingsessen vor: Mmmmmhhhh! Ja genau dieser Laut oder auch ein zustimmendes “Mhm”, wie beim Zuhören – das ist IHRE entspannte Sprechstimme, mit der Sie überzeugend loslegen können.
6. Körpersprache
Ihre Körperhaltung hat in dem begrenzten Ausschnitt der Kamera eine noch viel größere Wirkung als live. Zusammengesackt auf dem Stuhl wirken Sie nicht sehr überzeugend, also sitzen Sie aufrecht und aktiv. Achten Sie außerdem auf Ihre Mimik beim Zuhören. Auch wenn Sie vielleicht etwas gelangweilt sind oder Sie gerade etwas an Ihrem Laptop nachschauen, sollte man Ihnen dies nicht anmerken. Auch der Blick auf’s Smartphone fällt auf, auch wenn er Ihnen noch so unauffällig erscheint.
Beim Sprechen können Sie genau wie im realen Leben Ihre Hände benutzen. Beachten Sie jedoch, dass die Gesten nicht zu groß sind und nicht über oder unter den Bildschirm hinausgehen. Auch zu schnelles Gestikulieren funktioniert bei Video nicht.
Sowohl beim Sitzen als auch beim Stehen gilt: stellen Sie sich vor, Sie haben einen Scheinwerfer auf der Brust und richten diesen direkt in die Kamera.
7. Umgang mit Störungen
“Das Bild ist weg!”; “Ich höre nichts.” Jemand läuft durch das Bild. Eine Katze springt auf den Schoß. Wir alle kennen zumindest eine dieser Situationen. Vor allem technische Probleme können jede Online-Konferenz ins Straucheln bringen.
Egal, um welchen Störfaktor es sich handelt, es gilt: Störungen haben Vorrang! Nehmen Sie sie wahr, sprechen Sie kurz offen darüber und dann geht es weiter. Und wie auch vor Live-Konferenzen: Testen ist das A & O!
7 ½. Tipp
Sie fragen sich bestimmt schon die ganze Zeit, was es nun mit diesem ominösen halben Tipp auf sich hat?
Nun, Sie sollten nicht gleich alle Regeln der Face-to-Face Kommunikation vergessen, bloß weil man auf einmal nicht mehr persönlich miteinander spricht. Lassen Sie Ihre Gesprächspartner ausreden, nehmen Sie sich Zeit und wertschätz die Beiträge der Anderen. Besonders in diesen Zeiten ist dies noch wichtiger, als sonst…
Happy Video Chatting!