Gerade IT-Spezialisten sind gefragte Experten, eine perfekte Ausgangslage um auch als IT-Freelancer erfolgreich durchzustarten. Wie genau man seine Karriere als IT-Freelancer vorbereitet und richtig lukrative Aufträge gewinnt, wird in diesen Praxisleitfaden Schritt-für-Schritt vorgestellt.
Freelancer oder Freiberufler – wo liegt der Unterschied?
Kurz vorab: Der Freiberufler genießt in Deutschland besondere steuerliche Behandlung und ist speziellen Berufsgruppen und Tätigkeiten vorbehalten. Sollten Sie nicht als Freiberufler anerkannt werden oder sich bewusst dagegen entscheiden, ist das gar kein Problem. Dann können Sie einfach ein Gewerbe anmelden und trotzdem als IT-Freelancer loslegen.
Freiberufler oder Gewerbe
Praxistipp: Wenn Sie mit dem Gedanken spielen, ein Unternehmen aufzubauen, später Mitarbeiter einzustellen und Produkte zu verkaufen, dann legen Sie direkt als Gewerbetreibender los. Wenn Sie lediglich freiberufliche Tätigkeiten annehmen wollen, so können Sie prüfen, ob Sie den Status des Freiberuflers nutzen können.
Nebenberuflich selbständig machen
Wer sich hauptberuflich selbständig machen kann, kommt schneller zum Erfolg. Dafür braucht es aber auch ein gewisses finanzielles Polster. Den 3-6 Monate sollte man auch ohne Einnahmen überstehen können.
Freiberufliche Nebentätigkeit als sanfter Einstieg
Der sanfte Einstieg ist da die freiberufliche Nebentätigkeit. Mit wenigen Stunden pro Woche bietet sich der perfekte Umstieg vom Angestellten-Job hin zum Freelancer. Gerade sicherheitsbewusste IT-Spezialisten finden so einen guten ersten Einstieg als IT-Freelancer im Nebenjob.
Aber aufgepasst – Die freiberufliche Nebentätigkeit hat gravierende Nachteile:
- Die Sicherheit des Haupteinkommens zwingt den Gründer nicht zum Erfolg. Viele nebenberufliche Gründer lassen es daher langsam angehen und erreichen nie den Durchbruch.
- Durch die Auslastung im Hauptjob ist es schwer, Akquise zu betreiben und größere Aufträge auch tatsächlich zu bedienen. Überlastung ist hier vorprogrammiert.
Freiberufler oder Kleingewerbe?
Wenn Sie im ersten Schritt nebenberuflich gründen wollen, gibt es neben der freiberuflichen Nebentätigkeit eine weitere Möglichkeit, von der Umsatzsteuer und Gewerbesteuer befreit zu werden. Sie können ein Kleingewerbe gründen und unter den Grenzbeträgen liegen. Für Kleingewerbe gilt gemäß § 11 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ein Steuerfreibetrag bis 24.500 Euro. Man spricht hier auch oft von einem Kleingewerbeschein. Tatsächlich unterscheidet dieser sich nicht vom normalen Gewerbeschein.
Sind Sie Kleinunternehmer nach Umsatzsteuergesetz (§19 Abs. 1 UStG), so fallen auch keine Umsatzsteuern an. Liegt Ihr Umsatz unter der Umsatzgrenze von 22.000 Euro im Gründungsjahr sowie 50.000 Euro im laufenden Geschäftsjahr, so können Sie auf die Ausweisung und Abführung von Umsatzsteuer verzichten.
Das Rechtliche ist geklärt, wie geht es weiter?
Was kann ich und was macht mich einzigartig?
Wenn Sie sich bereits klar darüber sind, was Sie anbieten wollen, überspringen Sie diesen Punkt einfach. Wenn Ihre Idee nicht klappt, kommen Sie einfach später wieder genau an diese Stelle…
Sich auf einen Job bewerben, das lernt man in der Schule. Sich darüber klar zu werden, was die eigenen Fähigkeiten für den Freelancer Markt sind, ist eine ganz andere Geschichte. Die Schwierigkeit liegt hier in der Selbstwahrnehmung und im passenden Grad an spitzer Positionierung.
Sammeln Sie Ihre Stärken. Was machen Sie besonders gern? Was machen Sie besonders gut? Wofür werden Sie oft gelobt oder zu welchen Themen oft gefragt?
Aus unserer Erfahrung liegt die perfekte Positionierung in der Kombination von 3 Kernkompetenzen. Das kann zum Beispiel eine besondere Technologie sein, ein besonderes Themenfeld aber auch eine besondere persönliche Eigenschaft.
Wenn Sie eine Liste Ihrer Stärken und der sich daraus ergebenden möglichen Leistungen aufgestellt haben, geht es um die glas klare Positionierung.
Welche Leistung biete ich an?
Als IT-Freelancer stehen Ihre Fähigkeiten und Kenntnisse im Vordergrund. Anders als ein klassisches Unternehmen entwickeln Sie kein physisches Produkt, sondern eine Dienstleistung. Das macht vieles einfacher, denn deine Dienstleistung können Sie ohne große Produktentwicklungs- und Produktionsphase sofort an den Markt bringen. Trotzdem hilft der Gedanke, dass auch eine Dienstleistung ein Produkt ist, sich nicht zu verzetteln. Konzentrieren Sie sich auf eine Kernleistung. Ihre Kernleistung sollte ein konkretes Problem für eine konkrete Kundengruppe lösen. Sich hier zu positionieren ist für viele Gründer eine der größten Herausforderungen. Falls Sie sich nicht entscheiden können, starten Sie am besten mit einem konkreten Profil und erstellen erst danach eine zweite Variante mit einem anderen Schwerpunkt.
Beispiel: Markus ist Softwareentwickler. Er hat viel Erfahrung im Frontend und unterstützt im Team gelegentlich im Backend. Auch die Methoden wie SCRUM und DevOps sind ihm sehr geläufig. In seinen eigenen Projekten kümmert er sich allerdings auch um die komplette Cloud Lösung, auf der die Software bereitgestellt wird.
Klare Empfehlung auf eine Senior Rolle als Softwareentwickler mit dem Fokus Frontend. Unterstützend die erweiterten Fähigkeiten benennen, die ihn ein seiner Rolle stärken, die Zusammenarbeit im Team vereinfacht und zusätzlichen Mehrwert für den Auftraggeber liefern.
Für welche Kunden?
Die Gastronomie läuft anders als die Industrie. Ein Kleinunternehmen anders als ein internationaler Konzern. Eine Fokussierung auf bestimmte Branchen und Unternehmensgrößen macht Sie wertvoller für genau diese Kundengruppe. Denn Sie sammeln in jedem Projekt relevante Erfahrungen für den potenziellen nächsten Auftraggeber.
Die Entscheidung für Sie als IT-Freelancer wird am Ende ein Mensch treffen. Wenn Sie Unternehmen ansprechen, wird es weiterhin ein Mensch wie du und ich sein und in seiner beruflichen Rolle versuchen, die beste Entscheidung für das Unternehmen zu treffen. Wenn Sie hierbei bereits Erfahrung in derselben Branche und ähnlicher Unternehmensgröße vorweisen können, so geht der Entscheider automatisch davon aus, dass Sie schneller und effizienter starten und die Probleme lösen können.
Welches Problem löse ich für meine Kunden?
Die wenigsten IT-Freelancer spezialisieren sich auf die Lösung eines spezifischen Problems. Hier liegt ein riesiges Potential für Sie! Denn Auftraggeber wollen IT-Freelancer aus genau diesem Grund: Sie sollen ein Problem lösen.
Versetzen Sie sich hierzu in die Lage des Auftraggebers. Was ist das hinter der Ausschreibung liegende Problem, dass Sie lösen können und sollen? Überzeugen Sie Ihren potenziellen Auftraggeber:
- Sie können das Problem benennen
- Sie können das Problem besser Beschreiben als Ihr Kunde
- Sie verfügen über eine strukturierte Vorgehensweise und Methodik, diese Art von Problem zu lösen
- Sie verfügen über die nötigen Fachkenntnisse und Fähigkeiten die Lösung zu entwickeln und sicher zu implementieren
- Sie haben das Problem bereits (mehrfach) für andere gelöst
Beispiel:
Ein sehr erfolgreiches traditionelles Unternehmen möchte die Zukunftsfähigkeit durch neue digitale Services sicherstellen. Das bestehende Team kommt nur sehr langsam voran und kann die Qualitäts- und Terminziele nicht einhalten. Es wird ein IT-Freelancer gesucht, der das Entwicklerteam unterstützt.
Sie können hier besonders punkten, wenn Sie neben den fachlichen Anforderungen auch die darüberliegende Herausforderung benennen und deutlich machen, wie das Ziel mit Ihrer Hilfe erreicht werden kann.
Wie suchen meine Kunden aktuell nach Freelancern?
Viele IT-Freelancer vernachlässigen diesen Punkt komplett. Allein das Montieren des neuen Schildes neben der Eingangstür wird keine Aufträge bringen – das ist klar. Aber wie Suchen Ihre Wunschkunden heute nach IT-Freelancern? Fragen Sie doch einfach mal, sowohl mögliche Auftraggeber als auch Freelancer-Kollegen. Denn wenn Sie dort zu finden sind, wo Ihre Kunden suchen, ersparen Sie sich viel Werbe- und Akquiseaufwand.
Häufig werden Entscheider bereits durch Agenturen betreut und fragen bei Bedarf nach passenden Profilen. Nur wenn Ihr Profil dabei ist, können Sie bei der Auswahl berücksichtigt werden.
Mein Freelancer-Profil erstellen
Ihre wohl wichtigste Eintrittskarte in mögliche Beauftragungsgespräche ist Ihr Freelancer-Profil. Es ist nicht identisch wie ein Lebenslauf. Ein gutes Freelancer-Profil überzeugt durch eine klare Struktur. Unnötiges wird weggelassen. Das Wichtige übersichtlich auf den Punkt gebracht. Hier können 3 wohl strukturierte Seiten wesentlich mehr überzeugen, als 8 Seiten Fließtext in Serifenschrift.
Freelancer Gehalt
Wer bereits als Angestellter gearbeitet hat, fragt sich jetzt natürlich, wie hoch das Freelancer Gehalt im Vergleich zum bisherigen Arbeitnehmer Gehalt ausfallen sollte. Wenn Sie unsicher sind, können Sie sich mit einer sehr einfachen Berechnung helfen: Gehalt verdoppeln. Als IT-Freelancer können Sie in der Regel deutlich mehr verlangen, als es angestellte Mitarbeitende erhalten. Denn Sie tragen wesentlich mehr Risiko und Kosten. Somit sollte eine Gehaltssteigerung von mindestens 50 Prozent erreicht werden, damit sich die Freelancer-Tätigkeit auch rentiert.
Welchen Stundensatz?
IT-Freelancer Stundensätze variieren sehr stark. Die wichtigsten Faktoren spielen hierbei:
- Aufgabenstellung & Erfahrung
- Branche
- Unternehmensgröße
- Region
- Wichtigkeit und Dringlichkeit
- Angebot & Nachfrage
Um Ihren optimalen Stundensatz als IT-Freelancer zu ermitteln, eignen sich besonders zu Beginn zwei Wege:
1. Die Kostenkalkulation
Bei der Kostenkalkulation ermitteln Sie alle monatlichen Kosten und teilen diese durch die Anzahl der verrechenbaren Arbeitsstunden. Der ermittelte Wert wird mit einem Gewinnaufschlag multipliziert und ergibt somit Ihren Stundensatz.
2. Der Marktpreis
Basierend auf Ihrem Profil und passenden Ausschreibungen ermitteln sie die üblichen Stundensätze. Entsprechend Ihrer Erfahrungen setzen Sie in diesem Bereich Ihren eigenen Stundensatz fest.
Beide Methoden sind einfach durchführbar und eignen sich für eine erste Ermittlung des Stundensatzes sehr gut. Einen kostenfreien Stundensatzkalkulator finden Sie hier.
Der Erfolg liegt im Handeln
Es gibt tausend Gründe, warum es gerade nicht passt, eine Veränderung auch tatsächlich in die Tat umzusetzen. Der häufigste Grund, warum Gründer scheitern: Sie trauen sich nicht, anzufangen. Sicher, es gehört Mut dazu, die ersten Schritte als angehender IT-Freelancer zu gehen. Doch dieser Mut macht sich bezahlt. Durch mehr Freiheit, gesteigertes Einkommen, mehr Selbstbestimmung und der Stolz, seinen eigenen Weg zu gehen.
„Machen ist wie wollen – nur krasser!“