In den vergangenen Jahren war der IT-Projektmarkt von starkem Wachstum geprägt. Die zunehmende Verschlechterung des Welt-Wirtschaftsklimas erinnert viele jedoch an den letzten Einbruch der IT-Branche und nährt die Zweifel, ob der IT-Markt stabil bleiben wird. Freelancer sehen der Zukunft zudem mit Sorge entgegen, da das Offshoring von IT-Projekten in Niedriglohnländer mittlerweile einschneidende Realität geworden ist.
Im SOLCOM-Interview erläutert Herr Dr. Dirk Bisping, Vorstandsvorsitzender des BVSI (Berufsverband Selbständige in der Informatik e.V.), die aktuelle Wirtschaftslage auf dem Projektmarkt. Er gibt Freelancern gezielte Tipps, damit sie auch in Zukunft weiterhin attraktiv für ihre Kunden bleiben können.
SOLCOM: Herr Dr. Bisping, wie können IT-Experten sich gegen das Offshoring wehren?
Dr. Bisping: Das Offshoring ist heutzutage Realität, der sich IT-Fachkräfte in Deutschland stellen müssen. Zunächst sollten IT-Experten sich die Frage stellen, was sie der fachlich vergleichbaren Konkurrenz aus Indien oder Russland voraus haben. Ein IT-Experte, der ein Projekt methodisch richtig abwickelt, zur Teambildung im Projekt beiträgt, mit Konfliktsituationen umgehen und eine Risikoanalyse durchführen kann, bringt dem Kunden eindeutig einen Mehrwert.
SOLCOM: Sollten sich IT-Experten also zunehmend auf die Verbesserung der sogenannten Soft-Skills konzentrieren?
Dr. Bisping: IT-Experten sollten in guten Zeiten immer die Möglichkeit nutzen, ihr Profil weiter zu schärfen. Die Attraktivität des Experten gegenüber dem Kunden sollte gerade dann weiter gestärkt werden, damit sich der Experte in schlechteren Zeiten von seinen Mitbewerbern abhebt. Die eigene Weiterbildung ist sehr wichtig, auch Zertifizierungen sind bei vielen Kunden sehr gefragt.
SOLCOM: Könnte in weiser Voraussicht auch ein Branchenwechsel sinnvoll sein?
Dr. Bisping: Wer das IT-Beratungsfeld komplett wechseln möchte und für viel Geld Schulungen bucht, um sich in ein neues Themengebiet einzuarbeiten, könnte enttäuscht werden. Denn obwohl beispielsweise der SAP-Markt eine Wachstumsbranche ist und Unternehmen oft händeringend SAP-Fachleute suchen, bevorzugen sie eindeutig erfahrenes Personal. Ein IT-Freiberufler, der sich für viel Geld hat ausbilden lassen, aber über keine Erfahrung verfügt, wird wahrscheinlich das Nachsehen haben. Insbesondere wenn sich der Markt abkühlen sollte und Unternehmen aus Kostengründen die Realisierung neuer IT-Projekte stoppen oder verschieben, werden die Kunden Berater mit langjähriger Erfahrung bevorzugen. Von einem abrupten Wechsel in ein neues IT-Arbeitsfeld ist also eher abzuraten.
SOLCOM: Wie sollten IT-Experten vorgehen, die ihr Profil erweitern wollen?
Dr. Bisping: Als Experte sollte man sich von vorne herein klar darüber sein, in welchen Segmenten man sein Fachwissen bzw. seine Skills erweitern möchte. Hilfreich ist dabei eine kritische Selbstdurchleuchtung, indem man sich selbst die Frage stellt, ob man wirklich zu den 50% der hochqualifizierten Fachkräfte auf dem Markt gehört, die bei einem möglichen Einbruch des Projektmarktes auf der sicheren Seite stehen. Bin ich wirklich die Fachkraft, die ihr Wissen immer auf dem aktuellsten Stand hält? Bin ich nur technischer Berater, oder überzeuge ich auch durch Teamfähigkeit und Persönlichkeit? Nachdem man festgestellt hat, welchen Skill man schulen sollte, kann man gezielt auf die Suche nach den entsprechenden Schulungsangeboten gehen.
SOLCOM: Herr Dr. Bisping, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.
Über den Autor:
Herr Dr. Dirk Bisping ist Vorsitzender des Berufsverbandes Selbstständige in der Informatik (BVSI). Der Unternehmensberater ist verantwortlich für die operative Verbandsführung, Programmplanung und Lobbyarbeit. Unter www.bvsi.de bietet der Berufsverband auch selbst Schulungen und Weiterbildungen an.
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