Wer kann IT-Freiberufler werden? Gibt es bestimmte Eigenschaften, über die selbständige IT-Fachleute verfügen sollten?
Risikobereitschaft, Unternehmerqualitäten und Belastbarkeit fallen mir als erstes ein. Es gehört Mut dazu, aus einem relativ sicheren Angestelltenverhältnis in eine freie Mitarbeit zu wechseln, mit allen ihren Chancen, aber auch Risiken. Außerdem ist bei einem Einzelunternehmer natürlich unternehmerisches Denken und Handeln erforderlich. Der IT-Freiberufler muss ja nicht nur Woche für Woche optimale Beratungsleistungen, sondern auch die administrativen Aufgaben für das eigene Unternehmen erbringen. Hinzu kommen Marketing- und Akquisitionsaufgaben, die selbständige IT-Berater nicht unbedingt gern erledigen.
Sie betonen den unternehmerischen Aspekt bei der Tätigkeit von IT-Freiberuflern. Ist Selbstmarketing ein Thema für IT-Freiberufler?
Selbstverständlich. Woher sollen sonst zukünftige Aufträge generiert werden? Ein IT-Freiberufler sollte heutzutage nicht nur Networking betreiben, sondern auch die Möglichkeiten der Social Media nutzen. Das bedeutet Xing – Twitter – Facebook einzubeziehen, Kontakte aus der Angestelltenzeit zu pflegen und auszubauen, die Homepage ansprechend gestalten sowie die Mitgliedschaft in einem Berufsverband wie dem BVSI erwägen. Der BVSI bietet zusätzlich Patenschaften an. Die Existenzgründer werden dabei von den sehr erfahrenen IT-Beratern intensiv unterstützt.
Was sollten Existenzgründer in der IT beachten?
Sie sollten von Anfang auf eine strategisch ausgerichtete Positionierung im Beratermarkt achten: Welche Themen kann und will der IT-Freiberufler beraten? Wie kann sich der Selbständige den Freiberuflerstatus sichern und die Scheinselbständigkeit bzw. Rentenversicherungspflicht verhindern? Wichtig ist auch das Thema der Vertragsgestaltung hinsichtlich Haftung und Kundenschutz.
Welche Gefahren lauern, wenn IT-Berater lange Jahre im Einsatz sind?
Das Szenario verläuft meist so: IT-Berater haben erwartungsgemäß eine hohe Auslastung und es fehlt ihnen vielleicht die Zeit, den Markt fortlaufend zu beobachten. So verpassen die Berater eventuell neue Trends. Sie schaffen es nicht mehr wie in jüngeren Jahren, sich kontinuierlich weiterzubilden und verlassen sich darauf, dass ihr Spezialgebiet weiterhin gefragt ist.
Wenn die eigene Fortbildung auf der Strecke bleibt, kann es irgendwann für den Senior ITFreiberufler sehr schwierig werden, neue Aufträge zu generieren. Denn der Projektmarkt hat sich im Laufe der Jahre natürlich verändert und der Freiberufler bemerkt dann zu spät, dass das eigene Wissen weniger gefragt ist als früher. Dies gilt es von Anfang an zu verhindern.Neue Technologien und Fortbildungsmöglichkeiten können die Erfüllung dieser Herausforderung trotz hoher zeitlicher Belastung erleichtern.
Zum Schluss eine persönliche Frage: Sie sind seit 24 Jahren freiberuflich tätig. Welches sind Ihre gravierenden Erfahrungen aus der eigenen Selbständigkeit?
Meine eigene Existenzgründung wäre seinerzeit effektiver verlaufen, wenn es die heutigen Fördermöglichkeiten gegeben hätte. Zu nennen ist z. B. der Gründungszuschuss der Arbeitsagentur und das Gründercoaching der KfW. Damit hat der IT-Berater von Anfang an die Möglichkeit sein Existenzvorhaben erfolgreich und fehlerfrei zu gestalten. Die KfW unterstützt das Coaching mit einem Zuschuss von 50 % bzw. 90 % aus der Arbeitslosigkeit heraus.
Zum anderen ist es wichtig, fachlich breiter aufgestellt zu sein. Es ist zwar nach wie vor Spezialistenwissen gefragt, aber ein IT-Berater sollte nicht nur ein Spezialthema abdecken, von dessen Nachfrage er oder sie dann auf Gedeih und Verderb abhängig ist. Das setzt aber einen Willen zur ständigen Weiterbildung voraus.