Jeder Freiberufler hat genau so wie jedes andere Unternehmen beim Finanzamt jährlich eine Umsatzsteuererklärung abzugeben, in der er seine Umsatzsteuerschuld oder ein Guthaben selbst berechnet. Zusätzlich hat er bis zum zehnten Tag nach Ablauf eines Voranmeldungszeitraums eine Voranmeldung zu übermitteln, in der er die Steuer für den Voranmeldungszeitraum selbst zu berechnen hat. Während bei der Istbesteuerung die Steuer mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums entsteht, in dem er die Zahlung erhalten hat, erfolgt bei der Sollbesteuerung die Besteuerung bereits schon früher. Um dieser Vorfinanzierung der Umsatzsteuer zu entgehen, bedarf es eines Antrages. Dem Unternehmer, der jahrelang seine Umsätze nach der Istbesteuerung versteuert, könnte daher ein böses Erwachen drohen, wenn er auf eine stillschweigende Gestattung des Finanzamts vertraut.
Die Sollbesteuerung
Grundsätzlich hat der Unternehmer und Freiberufler die Steuer nach vereinbarten Entgelten zu berechnen. Die Steuer entsteht bei der Sollbesteuerung mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Lieferung oder sonstige Leistung ausgeführt worden ist, also unabhängig von der Bezahlung. Diese Regelbesteuerung führt zu einer Belastung der Liquidität. Der Unternehmer finanziert somit die Umsatzsteuer für innerhalb eines Besteuerungszeitraums erbrachte steuerpflichtige Leistung vor, soweit die Entgelte nicht bis zum zehnten Tag des Folgemonats vereinnahmt werden. Wesentlicher Nachteil ist damit, dass der Unternehmer die Umsatzsteuer vorfinanzieren muss, auch wenn er noch gar keine Zahlung erhalten hat. Dies zwingt ihn letztlich zu einem zinsfreien Zwangskredit an den Staat.
Die Istbesteuerung
Dagegen entsteht bei der Istbesteuerung die Steuer erst mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums, in dem die Zahlung eingegangen ist. Damit verschafft die Istbesteuerung dem Unternehmer und Freiberufler neben einem Zinsvorteil eine Verbesserung seiner Liquidität, indem er die Umsatzsteuer erst dann abführen muss, wenn er diese auch erhalten hat. Darüber hinaus wird er von zusätzlichen Aufzeichnungen zur Ermittlung der vereinbarten Entgelte entlastet.
Voraussetzung für Vergünstigung bei Freiberuflern
Der Unternehmer und Freiberufler kann die Istbesteuerung beanspruchen, wenn sein Gesamtumsatz im vorangegangenen Jahr nicht mehr als 500.000 EUR betragen hat, er keiner Buchführungspflicht unterliegt oder ein Freiberufler ist. Um in den Genuss der Istbesteuerung zu gelangen, bedarf es eines Antrags sowie der Genehmigung durch das Finanzamt.
Antrag richtig stellen
Der Antrag ist formfrei möglich und kann jederzeit gestellt werden, so dass dieser sich auf die Besteuerungszeiträume beziehen kann, die dem Kalenderjahr der Antragstellung vorangehen.
Die Genehmigung
Die Genehmigung ist ein begünstigender Verwaltungsakt, der dem Unternehmer bekanntzugeben ist. Die Bekanntgabe braucht nicht förmlich zu erfolgen, so dass der Verwaltungsakt auch formlos durch eine erkennbare Genehmigung der beantragten Besteuerung bekannt gegeben werden kann. Die Genehmigung setzt aber voraus, dass das Finanzamt eine nach außen hin eindeutig erkennbare Entscheidung trifft. Davon kann aber nicht grundsätzlich ausgegangen werden.
Meine Empfehlung
Die Genehmigung sollte sich der Unternehmer möglichst frühzeitig, nach Möglichkeit bereits bei Anmeldung der Existenzgründung, schriftlich bestätigen lassen. Spätestens mit diesem Beitrag sollte überprüft werden, ob eine schriftliche Bestätigung vorliegt und falls erforderlich, sollte eine schriftliche Genehmigung beim Finanzamt angefordert werden.
2 Kommentare
Interessante Einsicht. Ich habe seinerzeit bei der Gründung das Kleinunternehmer-Status beantragt. Dieses wurde zwar nie ausdrücklich genehmigt, aber auch nie angefochten oder hinterfragt. Sicher ist wohl sicher, aber wenn man einen Wechsel ankündigt und dieser vom Finanzamt innerhalb vernünftiger Zeit nicht abgehlehnt wird, hat man wahrscheinlich gute Chancen, den Fall zu gewinnen.
Ich sehe in der Istbesteuerung aber nicht nur Vorteile, denn bei Kleinunternehmern die nur per Vorkasse verkaufen, könnte es bei einem Wechsel zur Regel-Besteuerung dazu führen, dass Ausgangsrechnungen mit ausgewiesener Umsatzsteuer in den Vorjahreszeitraum fallen in dem eigentlich noch gar keine Umsatzsteuer berechnet werden durfte.