An was misst der Kunde Ihre Qualität? An seinen Erwartungen!
In den Diskussionen in meinen Trainings zeigt sich immer wieder, dass „Qualität“ ein Wort ist, das für viele Teilnehmer sehr unklar definiert ist.
„Ich muss Qualität liefern!“ Das stellt den jungen Freiberufler vor mysteriöse Anforderungen. Doch wie kann ich denn sicherstellen, dass ich „Qualität“ liefere?
Unterschiedliche Erwartungen
Der exakt gleiche Service kann vom einen Kunden hoch bewertet werden, vom anderen sehr niedrig. Warum? Weil beide etwas Unterschiedliches erwarten, und weil ihnen sehr verschiedene Dinge wichtig sind.
Der Eine will alles auf PowerPoint. Der Andere betrachtet das als Zeitverschwendung und will zwei unformatierte Absätze Text.
Der Eine findet Dokumentation essenziell – der andere beschuldigt Sie der Verschwendung und Abzocke, wenn Sie ausführlich dokumentieren.
Qualität bedeutet Erfüllung von Erwartungen – je mehr Erwartungen erfüllt sind, desto höher wird die Qualität eingeschätzt. Wenn Sie – aus subjektiver Sicht des Kunden – zu viel tun, so kann der Kunde das als langwierig, langweilig oder überteuert ansehen. Tun Sie – aus seiner Sicht – zu wenig oder zu wenig von dem, wovon er mehr will, so kann er sich betrogen fühlen.
Es ist demnach überlebenswichtig, Erwartungen genau abzufragen und abzugleichen.
Im technischen Bereich ist dies recht einfach, denn es gibt technische Spezifikationen, die entweder erfüllt sind oder nicht. Die Schraube passt, die Chemikalie reagiert, der Motor läuft – oder nicht. Diese Spezifikationen sind messbar, die Produktionsprozesse dazu sind im Wesentlichen automatisierbar und wiederholbar.
Viel schwieriger ist es, im Bereich aller nicht automatisierbaren Dienstleistungen, besonders Dienstleistungen mit einem persönlichen Element. Im Bereich personalisierte Dienstleistung ist ein permanentes Erwartungs-Management besonders wichtig. Das gilt für Berufsgruppen wie Berater, Coaches, Trainer, Dozenten, Interimsmanager und ähnliche.
Klären Sie Erwartungen im Vorfeld,und zwar möglichst mit allen Parteien. Also mit dem eigentlichen Auftraggeber, mit dem Projekt-Team und mit denjenigen, die später die Projektergebnisse nutzen sollen.
Hier ist große Vorsicht geboten bei reinen Stichwortlisten!
Zwei identisch lautende Projektanforderungen für Projekte können in beiden Fällen gänzlich unterschiedliche Bedeutungen haben. Meine Lieblingsanforderung (aus Anforderungen für Controlling-Projekte): „Tiefgehende Kenntnisse in MS Excel“.
Was aber tiefgehend ist, definiert jeder anders. Der Eine meint: Spaltensummen ziehen. Der andere meint: Mehrere Seiten VBA programmieren, mit direkter ABAP-Anbindung. Diese Anforderungen wurden auch nicht immer vom Fachbereich formuliert, sondern oft vom Einkauf oder von der Personalabteilung.
Aus diesem Grund spreche ich im Vorfeld mit so vielen Personen wie möglich, die von meiner Arbeit betroffen im Projekt betroffen wären. Manchmal genügt auch das noch nicht. An dieser Stelle biete ich grundsätzlich an, kostenlos einen halben Tag zur Probe zu arbeiten. Zu meinem großen Erschrecken wurde dies in meinen mittlerweile 14 Jahren Projektarbeit nur ganze zwei Male in Anspruch genommen.
VIEL ERFOLG!
Ein Kommentar
Der Grad der Erwartungserfüllung ist die vom Kunden „gefühlte“ Qualität. Ja, in aller Regel ist es keine anhand von KPIs gemessene, sondern rein subjektiv gefühlte Qualität. Entsprechend sind meiner Erfahrung nach neben dem, im Artikel sehr gut erläuterten Erfüllen von Anforderungen auch soziale Aspekte, wie
* Kleidungsstilh,
* Verhalten gegenüber Teammitgliedern,
* Verhalten gegenüber Dienstleistern und Kunden des Kunden (insbesondere Verhalten in Diskussionen, Verhandlungen, …),
* Umgang mit Betriebsmitteln (dies betrifft den gestellten PC genauso wie die gemeinsame Kaffee-/Teeküche),
* Pünktlichkeit / Zuverlässigkeit und
* der berühmte Nasenfaktor
sehr wichtig.
Gruß,
Carsten Pitz